Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P179
DOI: 10.1055/s-0036-1592744

Sind Mastzellhyperplasie und Hyperinnervierung therapierelevante Charakteristika des vulvovaginalen Lichen planus?

S Regauer 1, B Eberz 2
  • 1Medizinische Universität Graz, Institut für Pathologie, Graz, Österreich
  • 2Gynäkologiepraxis Mürzzuschlag, Mürzzuschlag, Österreich

Zielsetzung: Hochpotentes topisches Kortison als Standardtherapie für den vulvovaginalen Lichen planus (LP) führt nicht immer zur Remission. Gute Ergebnisse des quälenden und bisweilen schmerzhaften Juckreizes werden dagegen mit der off-label Behandlung mit Calcineurininhibitoren berichtet. Ein Grund dafür könnte die Beteiligung von aktivierten Gewebemastzellen sein, die bei Schmerzsyndromen wie auch Juckreiz bei Atopie als Ursache angenommen werden. Schmerz und Juckreiz entstehen durch lokale Reizung sensorischer Nervenfasern durch Zytokine wie auch durch neuronales „remodelling“ inklusive sensorischer Hyperinnervierung. Wir untersuchten, ob Mastzellinfiltrate und Hyperinnervierung auch in vulvärem LP vorkommen.

Materialien und Methoden: 48 Formalin-fixierte und Paraffin-eingebettete Biopsate (10/48 mit dem Vollbild eines LP, 32/48 fortgeschrittener atropher oder hypertropher LP; 6/48 erosiver LP) wurden immunhistochemisch mit Antikörper gegen Mastzelltryptase untersucht und mit gesundem Kontrollgewebe (weniger als 15 Mastzellen/mm2) verglichen. Hyperinnervierung wurde mit Antikörper gegen PGP9.5, einem Marker für sensorische Nervenfasern, dargestellt.

Ergebnisse: 9/48 Biopsien zeigten normale Mastzelldichte unter 15 Mastzellen/mm2, 23/48 Biopsien 16 – 50 Mastzellen/mm2 und 16/48 Biopsien > 50 Mastzellen/mm2 mit massiver Degranulierung (10/48) oder nur einzelnen Granula außerhalb des Zytoplasmas (29/48; partielle Degranulierung). Mastzellen wurden typischerweise in subepithelialer und periadnexeller Verteilung nachgewiesen, in enger räumlicher Nähe zu subepithelialer (20/48) und intraepithelialer (18/48) Hyperinnervierung. In nachfolgenden Vulvabiopsaten wegen Symptompersistenz trotz Kortisonbehandlung konnten keine Lymphozyten, aber zahlreiche Mastzellen nachgewiesen werden.

Schlussfolgerung: Aktivierte Mastzellen mit Ausschüttung von Histamin, Zytokinen und Wachstumsfaktoren (z.B. Nervenwachstumsfaktor) tragen zur Entwicklung des lokalen (nociceptiven) und des systemischen (neuropathischen) Juckreizes/Schmerzes bei. Alternative Therapieansätzen für den LP können neben Hemmung von T-Lymphozyten auch Reduktion und Stabilisierung von Mastzellen sein.