Z Gastroenterol 2016; 54 - KV423
DOI: 10.1055/s-0036-1587198

Die klinische, symptom-basierte Diagnose der gastroösophagealen Refluxerkrankung (GERD) ist unbefriedigend. Ergebnisse einer prospektiven, multizentrischen Studie mittels Kapsel-pH Metrie (BRAVO Kapsel)

A Kandulski 1, J Weigt 1, A Boekstegers 2, T Steffen 3, R Mayershofer 4, AJ Dormann 5, KH Fuchs 6, P Malfertheiner 1
  • 1Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie, Uniklinikum, Magdeburg, Deutschland
  • 2Praxis am Theater, Essen, Deutschland
  • 3DRK Klinik “Am Bürgerpark”, Medizinische Klinik, Bremerhaven, Deutschland
  • 4Praxis “Gastroenterologie am Burgweiher”, Bonn, Deutschland
  • 5Klinikum Holweide, Kliniken der Stadt Köln gGmbH, Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie, Köln, Deutschland
  • 6Agaplesion Markus Krankenhaus, Klinik für Allgemein- Viszeral- und Thoraxchirurgie, Frankfurt, Deutschland

Hintergrund: Es wird durch nationale und internationale Leitlinien empfohlen, die Diagnose der gastroösophagealen Refluxerkrankung (GERD) basierend auf den typischen Symptomen (Sodbrennen und saures Aufstoßen) zu stellen. Die Durchführung einer pH-Metrie wird erst empfohlen, wenn eine empirische Therapie mit Protonenpumpenhemmern (PPI) nicht effektiv ist.

Methoden: In einer multizentrischen, offenen Erhebung in sechs unterschiedlichen Zentren wurden prospektiv 184 Patienten (männl. 111, weibl. 73, Alter 55.9 ±-9.8 Jahre, 2011 – 2014) endoskopisch und mittels Kapsel pH-Metrie (BRAVO Kapsel, GIVEN) untersucht.

Alle Patienten wurden vor Einschluss bezüglich der klinischen Fragestellung zur pH-Metrie in die Kategorien a) „typische GERD Symptome“ (n = 60), b) „vermutete EER“ (n = 20) und c) „Ausschluss GERD“ (n = 39) eingeteilt.

Zusätzlich wurden alle Patienten systematisch nach den Symptomen „Sodbrennen“, „saures Aufstoßen“, „Husten und Heiserkeit“ erfasst.

Die Diagnose der GERD wurde durch einen pathologischen gastroösophagealen Reflux in der pH-Metrie (acid exposure time < pH4 (AET) > 4.5% and/or DeMeester > 14.72) gestellt.

Ergebnisse: Es wurden 139 Patienten analysiert. Gründe für einen Ausschluss waren eine vorangegangene Refluxoperation (n = 6), fortgesetzte PPI Therapie (n = 38) und Verlust der Kapsel (n = 1).

Die klinische Einschätzung „typische GERD Symptome“ traf lediglich in 61.6% der Fälle zu; eine „vermutete EER“ bestätigte sich lediglich in 40%. Bei den Patienten, die zum „Ausschluss einer GERD“ untersucht wurden, bestand in 75% eine pathologische Säureexposition.

Sowohl typische Symptome (Sodbrennen und saures Aufstoßen) als auch atypische Symptome niedrige diagnostische Testkriterien auf.

Tab. 1

Sensitivität
(95% CI)

Spezifität
(95% CI)

Positive predictive value
(PPV, 95% CI)

Negative predictive value
(NPV, 95% CI)

Sodbrennen

48% (0.37 – 0.59)

59% (0.44 – 0.72)

67% (0.54 – 0.78)

40% (0.29 – 0.52)

Aufstoßen

10% (0.05 – 0.19)

88% (0.77 – 0.96)

60% (0.33 – 0.84)

37% (0.28 – 0.46)

Husten

20% (0.12 – 0.29)

79% (0.65 – 0.89)

61% (0.40 – 0.79)

37% (0.28 – 0.47)

Heiserkeit

17% (0.10 – 0.27)

81% (0.67 – 0.90)

60% (0.39 – 0.79)

37% (0.28 – 0.46)

Diskussion: Die Testgenauigkeit der typischen Symptome der GERD in dieser Studienkohorte ist niedrig und macht eine symptom-basierte Diagnose fragwürdig. Die Ergebnisse dieser Studie legen eine frühzeitige Durchführung einer gastroinestinalen Funktionsdiagnostik im klinischen Management der GERD nahe.