Z Gastroenterol 2016; 54 - KV397
DOI: 10.1055/s-0036-1587171

Prädiktiver Nutzen eines Geriatrisches Assessment bei chirurgisch-onkologischen Patienten für die Vorhersage von Selbstständigkeit und Lebensqualität. Prospektive Studie an 200 Patienten > 70 Jahre

P Baier 1, B Deschler 2, UT Hopt 3
  • 1Caritaskrankenhaus, Bad Mergentheim, Deutschland
  • 2Universitätsklinikum Würzburg, CCCMF, Würzburg, Deutschland
  • 3Universitätsklinikum Freiburg, Allg.-u.Viszeralchirurgie, Freiburg, Deutschland

Einführung: Das Nutzen/Risiko-Verhältnis chirurgischer Interventionen bei älteren Tumorpatienten ist unzureichend erforscht. Ein geriatrisches Assessment (GA) bringt detaillierte Informationen zu klinischen, funktionellen, psycho-sozialen und kognitiven Aspekten älterer Patienten.

Zielsetzung: Evaluation des Nutzens eines GA für die Risikovorhersage des Verlustes an Selbständigkeit (Bartelindex < 95 (BI)) und Lebensqualität durch eine Elektivoperation bei GI-Tumorpatienten.

Methoden: Aus einer prospektiven Beobachtungsstudie an 200 Pat. > 70J. konnten 124 komplette Datensätze nach 6 Monaten ausgewertet werden. Das GA wurde vor Op, bei Entlassung, nach 3 und 6 Monaten Regeneration durchgeführt. Primärer Endpunkt war die Häufigkeit der postoperativen Abhängigkeit nach Regeneration, sekundärer Endpunkt waren Faktoren, die den BI beeinflussen. Zudem wurde die postoperative Lebensqualität (LQ, EORTC QLQ-C30) und Faktoren die diese beeinflussen untersucht. Cox Modelle zur Risikoprädiktion wurden erstellt.

Ergebnisse: Das mittlere Alter war 75J., 69% Pat. waren männlich. Einschränkungen im BI (< 95) waren prä-op in 6,7% (13/195) vorhanden und stiegen an auf 9,7% (12/124). Signifikante Prädiktoren waren: BMI (OR: 1,7; p = 0,019), BI (OR: 0,67; p = 0,0317) und QLQ-C30: Diarrhoe (OR: 1,04; p = 0,013), emotionale Funktion (OR: 0.91; p = 0.0242), körperliche Funktion (OR: 0,92; p = 0,027). LQ und BI verhielten sich analog (pre-op: 65.4 und 67 postoperativ) mit folgenden prädiktiven Faktoren für die LQ: Karnofsky Index (Parameter Estimate (PE): 0,55; p = 0,0003) und emotionale Funktion (PE: 0,14; p = 0,0208).

Schlussfolgerung: Erfreulich wenige Pat. verloren Unabhängigkeit und Lebensqualität durch die Tumortherapie. Eine subjektive klinische Präselektion mag u.a. ursächlich dafür gewesen sein. Ein GA mit geeigneten Faktoren, in größeren Registerstudien evaluiert, kann Risiko/Nutzen Abschätzungen (Selektionsprozesse) objektivieren und prä-, sowie postoperative Interventionsoptionen aufzeigen.