Z Gastroenterol 2016; 54 - KV327
DOI: 10.1055/s-0036-1587103

Ausgeprägte Hepaticolithiasis in jungem Lebensalter – nur ein zufälliges Problem?

I Untersinger 1, P Deicke 1, M Casper 2, F Lammert 2, J Rädle 1
  • 1Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern, Innere Medizin 3, Kaiserslautern, Deutschland
  • 2Universitätsklinikum des Saarlandes, Innere Medizin II, Homburg, Deutschland

Einleitung: Im Vergleich zu den typischen Gallensteinerkrankungen ist eine ausgeprägte Hepaticolithiasis eine sehr seltene Manifestationsform. 2001 wurde mit der Low Phospholipid-assoziierten Cholelithiasis erstmals eine Form der hereditären Gallensteinerkrankung beschrieben. Auslöser sind Mutationen im ABCB4-Gen, das für das MDR3-Protein kodiert.

Klinischer Fall: Ein 26-jähriger Student stellt sich mit kolikartigen Oberbauchbeschwerden und einem leichten Sklerenikterus vor. 2011 habe bereits ein Ikterus bestanden und eine Leberbiopsie sei ohne richtungsweisenden Befund erfolgt. Ein Gallensteinleiden sei auch bei der Mutter bekannt. Bei Aufnahme fanden sich eine Abwehrspannung im Oberbauch, deutlich erhöhte Cholestaseparameter und sonographisch eine ausgeprägte Hepaticolithiasis. In der ERCP bestätigte sich die Hepaticolithiasis mit multiplen bis 10 mm großen Konkrementen in allen größeren Gallenwegen mit konsekutiver Erweiterung der zentralen Gallenwege und des proximalen DHC. Der distale DHC war steinfrei und nicht erweitert. Nach Papillotomie, passagerem Stenting und komplexer intrahepatischer Konkremententfernung konnte nach 10 ERCPs innerhalb von 11 Monaten eine vollständige Steinfreiheit erreicht werden. Die ABCB-Gendiagnostik ergab eine pathogene heterozygote Mutation im ABCB4-Gen (p.R50Q), die zu einem LPAC-Syndrom prädisponiert sowie 5 weitere zu cholestatischen Lebererkrankungen prädisponierende Varianten im ABCB4-, ABCB11- und ATP8B1-Gen. Eine Therapie mit Ursodeoxycholsäure (UDCA) wurde begleitend eingeleitet.

Diskussion: Bei jüngeren Patienten (< 40 Jahre) mit rezidivierenden biliären Problemen besonders oft nach Cholezystektomie, einer symptomatischen Cholelithiasis sowie einer positiven Familienanamnese für Gallensteine bei erstgradigen Verwandten sollte an ein LPAC-Syndrom gedacht werden. Ein Mutationsnachweis erfolgt im ABCB4-Gen. Bei LPAC-Patienten weist die Galle aufgrund einer gestörten Sekretion eine geringe Phospholipidkonzentration auf, die zur Entstehung von Cholesterinsteinen prädisponiert. Therapeutisch stehen die endoskopische Steinsanierung sowie die prophylaktische UDCA-Gabe im Vordergrund. Bei einem progressiven Verlauf kann eine operative Steinsanierung, im Endstadium auch eine Lebertransplantation indiziert sein.