Z Gastroenterol 2016; 54 - KV308
DOI: 10.1055/s-0036-1587084

Therapiealgorithmen von Patienten mit hepatozellulärem Karzinom im klinischen Alltag

MM Kirstein 1, N Schweitzer 1, T Winter 1, K Lappas 1, N Graen 1, I Placinta 1, T Voigtländer 1, MP Manns 1, A Vogel 1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland

Hintergrund: Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) gehört zu den häufigsten und lethalsten Tumoren weltweit. Für Patienten mit HCC stehen stadiengemäß lokale und systemische Therapiemodalitäten zur Verfügung. Entsprechend des Stage Migration-Konzepts wird mit Tumorprogress eine Verschiebung der Therapiemodalität für ein weiter fortgeschrittenes Tumorstadium nach der Barcelona Clinic Liver Cancer (BCLC) -Klassifikation erwartet. Die Therapiestrategien und -sequenzen erscheinen im klinischen Alltag allerdings deutlich heterogener.

Methoden: In der vorliegenden Studie untersuchten wir retrospektiv 1924 Patienten mit HCC, die zwischen 2000 und 2015 in der Medizinischen Hochschule Hannover behandelt wurden.

Ergebnisse: Das mediane Gesamtüberleben lag bei 15 Monaten. Die Erstdiagnose erfolgte am häufigsten im intermediären Stadium. 38,1% der Patienten wurden bereits mit multinodulärem HCC mit > 3 Knoten und einer medianen Größe von 5,5 ± 4,0 cm diagnostiziert. In 21,2% und 8,5% der Patienten lag eine Gefäßinvasion bzw. extrahepatische Tumormanifestationen vor. Die Transarterielle Chemoembolisation (TACE) war die häufigste initiale Therapie (33,6%), gefolgt von Resektion (26,5%), lokalablativen Prozeduren (17,9%) und Systemtherapien (18,1%). Nur 37,6% der Patienten erhielten eine Erstlinienbehandlung gemäß der BCLC-Empfehlung. Lebetransplantierte Patienten wurden zumeist (36%) im fortgeschrittenem Stadium diagnostiziert. Initial resezierte Patienten wiesen vornehmlich (75,0%) große, solitäre Tumoren bei erhaltener Leberfunktion auf. Patienten mit lokalablativen Prozeduren wurden am häufigsten im intermediären Stadium (51%) diagnostiziert. Mittels TACE wurden vorwiegend Patienten im intermediären Stadium behandelt (76,5%). Eine Stage Migration im Behandlungsalgorithmus zu einer Behandlung für das nächst progrediente Tumorstadium nach BCLC erfolgte in nur 54,6% aller Patienten mit einer Zweitlinienbehandlung. Sequentielle Behandlungen waren mit einem verlängerten Überleben assoziiert.

Schlussfolgerung: Behandlungsstrategien für HCC-Patienten jedes Tumorstadiums waren hochvariabel. Im klinischen Alltag erfolgte die Behandlung nur zum Teil gemäß der BCLC-Klassifikation. Stage Migration im Therapiealgorithmus erfolgte nur in der Hälfte aller sequentiell behandelter Patienten.