Z Gastroenterol 2016; 54 - KV060
DOI: 10.1055/s-0036-1586836

Dünndarmkapselendoskopie – Indikationen und klinische Relevanz

J Flemming 1, 2, V Ellenrieder 1, S Cameron 1
  • 1Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Gastroenterologie und gastrointestinale Onkologie, Göttingen, Deutschland
  • 2St. Joseph Krankenhaus, Berlin, Deutschland

Lange galt der Dünndarm als „black box“ des Gastrointestinaltrakts. Die Kapselendoskopie (CE) eröffnete vor 15 Jahren eine neue Methode zur Visualisierung des Dünndarms. Welche Konsequenz hat nun das rein bildgebende Erfassen von Auffälligkeiten für den Patienten? Während sich die meisten Studien mit der Bildanalyse befassen, wurde in der aktuellen Untersuchung der klinische Nutzen der CE im Hinblick auf Krankengeschichte, Diagnose und therapeutische Konsequenzen ausgewertet. Mindestvoraussetzung waren eine vorangegangene Gastro- und Koloskopie sowie eine entsprechende Aufklärung und Laborwerte.

Es wurden Dünndarmkapselendoskopien von 203 Patienten retrospektiv ausgewertet, die aufgrund folgender Indikationen durchgeführt wurden: Blutung, Anämie, abdominelle Schmerzen, Diarrhoe, M. Crohn oder Tumorverdacht. Das Studienkollektiv bestand aus 118 männlichen und 85 weiblichen Patienten, Altersmedian war 58 Jahre (Intervall 8 – 90 Jahre). 40% der Patienten hatten abdominelle Operationen in der Vergangenheit. Eine komplette Dünndarmpassage/Auswertbarkeit lag in 84% vor. Die diagnostische Ausbeute für okkulte gastrointestinale Blutung lag bei 80%, für Anämie bei 78%. Mukosale Läsionen waren die häufigsten Auffälligkeiten (43%). Die geringste diagnostische Ausbeute zeigte die Indikation „abdominelle Schmerzen“ (41%). Insgesamt resultierten vor allem Änderungen der Medikation in 66%, Operationen erfolgten in 4,4% und endoskopische Interventionen in 4%. In 1,9% trat eine Kapselretention auf, die in einem Fall zur Operation führte.

Zusammenfassend ist die CE eine sichere Methode um Schleimhautläsionen des Dünndarms zu erfassen und zu bewerten, besonders bei okkulter Blutung. Vorangegangene Operationen stellen bei Beschwerdefreiheit keine Kontraindikation für die CE dar. In unserem Patientenkollektiv mit umfangreicher vorangegangener Diagnostik resultierten therapeutische Konsequenzen in 73%.