Gesundheitswesen 2016; 78 - A202
DOI: 10.1055/s-0036-1586711

Übersetzung, kulturelle Adaptation und Validierung einer Kurzskala zur Messung populationsbezogener Gesundheitskompetenzen in Deutschland – Ergebnisse des HEALSEE Projekts

S Altin 1, N Reibling 2, M Mischke 2, D Böhr 2, C Wendt 2, S Stock 3
  • 1Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Universitätsklinikum Köln (AöR), Köln
  • 2Universität Siegen, Siegen
  • 3Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie des Universitätsklinikums zu Köln, Köln

Hintergrund: In Folge der zunehmenden Krankheitslast durch chronische Erkrankungen wird die Stärkung individueller Gesundheitsbildung und Gesundheitskompetenz (GK) immer bedeutsamer. Durch deren Stärkung können präventives Gesundheitsverhalten sowie relevante Gesundheitsoutcomes positiv beeinflusst werden1. Insbesondere im deutschen Versorgungskontext liegen derzeit nur eingeschränkt Ergebnisse zum GK-Niveaus der Allgemeinbevölkerung vor. Dies liegt u.a. daran, dass validierte deutschsprachige Instrumente zur Erfassung populationsbezogener GK nur vereinzelnd vorhanden sind. Die Verfügbarkeit solcher Instrumente könnte helfen, Erkenntnisse zur Bedeutung von GK für die individuelle Bevölkerungsgesundheit zu eruieren und passgenaue Maßnahmen zur Stärkung von GK zu entwickeln. In diesem Zusammenhang wurde im Rahmen des HEALSEE Projekts das englischsprachige BRIEF-Kurzinstrument (Brief Health Literacy Screening Tool) zur Erfassung von GK übersetzt, kulturell adaptiert und validiert.

Methodik: Im Rahmen der HEALSEE Studie wurde im Jahr 2014 eine repräsentative Querschnittsbefragung bei N = 3000 Erwachsenen zwischen 45 und 75 Jahren in Deutschland durchgeführt. Zur Quantifizierung allgemeiner GK wurde das englischsprachige Kurzinstrument BRIEF übersetzt, kulturell adaptiert und im HEALSEE Sample validiert. Die übersetzte Skala misst allgemeine GK anhand von 4-items und deckt die Bereiche der funktionalen und kommunikativen GK ab2. Die Skala (BRIEF-G) wurde unter Anwendung eines Gruppenverfahrens (Expert Panel Review) übersetzt und im Rahmen von n = 10 kognitiven Interviews kulturell adaptiert. Für die Überprüfung der psychometrischen Eigenschaften nach der klassischen Testtheorie wurden die Reliabilität, interne Konsistenz, Faktorvalidität (EFA) und Kriteriumsvalidität bestimmt. Hierzu wurden deskriptive statistische Verfahren (Item-Schwierigkeit, Diskrimination) sowie bivariate Korrelationen und exploratorische Faktoranalysen durchgeführt.

Ergebnisse: Das BRIEF-G Instrument verfügt über eine zufriedenstellende interne Konsistenz (α= 0,69). Zudem weisen die Ergebnisse der EFA auf eine einfaktorielle Struktur der Skala hin. Die Untersuchung der Kriteriumsvalidität ergibt einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Skala und sozioökonomischen Eigenschaften wie dem Bildungs- und Einkommensstatus. Personen mit unzureichenden Gesundheitskompetenzen weisen einen niedrigeren Bildungsstatus auf und verfügen über ein geringeres Einkommen als Personen mit einer zufriedenstellenden GK. Zudem zeigen weitere Analysen, dass Personen mit unzureichenden GK einen schlechteren Gesundheitszustand aufweisen und häufiger an chronischen Krankheiten leiden. Ähnliche Zusammenhänge finden sich auch in Validierungsstudien der Originalskala2,3,4.

Schlussfolgerung: Das BRIEF-G Instrument weist zufriedenstellende psychometrische Eigenschaften auf und eignet sich für einen Einsatz in populationsbezogenen Querschnittsbefragungen. Referenzen beim Verfasser.