Gesundheitswesen 2016; 78 - A199
DOI: 10.1055/s-0036-1586708

Health Literacy bei vulnerablen Gruppen

D Vogt 1, D Schaeffer 1, EM Berens 1
  • 1Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, AG für Versorgungsforschung und Pflegewissenschaft, Bielefeld

Hintergrund: Health Literacy ist im englischsprachigen Raum ein seit vielen Jahren diskutiertes Konzept, zu dem bereits eine Reihe an empirischen Daten vorliegt. Dabei deuten internationale Studien darauf hin, dass besonders Menschen im höheren Lebensalter, Menschen mit niedrigem Bildungs- und Sozialstatus sowie Menschen mit Migrationsgrund häufig über ein limitiertes Health Literacy-Niveau haben. Es fehlt ihnen an Fähigkeiten und Kompetenzen Informationen zu ihrer Gesundheit zu finden, verstehen und zu nutzen.

In Deutschland liegt trotz zunehmender Bedeutung bislang nur wenig empirisches Wissen über Health Literacy vulnerabler Gruppen vor.

Ziele und Fragestellung: Ziel war es daher, empirische Daten über die Health Literacy vulnerabler Gruppen (u.a. ältere Menschen, ältere Menschen mit Migrationshintergrund, bildungsferne Jugendliche) zu erheben und der Frage nachzugehen, wie hoch der Anteil limitierter Health Literacy ist.

Studiendesign/Methoden: Dazu wurde von der Universität Bielefeld in Anlehnung an den European Health Literacy Survey (HLS-EU) eine Querschnitterhebung in Nordrhein-Westfalen durchgeführt. In dieser wurden insgesamt 1.000 Personen befragt. Die Stichprobe setzt sich zum einen aus 500 Jugendlichen im Alter zwischen 15 – 25 Jahren und 500 älteren Menschen ab 65 Jahren zusammen. In beiden Gruppen verfügt die Hälfte der Befragten über einen Migrationshintergrund. Zur Messung von Health Literacy wurde der HLS-NRW-Q, der sich speziell an diese Zielgruppen richtet, verwendet.

Ergebnisse: Die Prävalenz limitierter Health Literacy in den befragten Bevölkerungsgruppen liegt mit 73,5% deutlich unter der der Allgemeinbevölkerung. Insbesondere ältere Menschen (72,0%) und Menschen mit Migrationshintergrund (79,4%) haben Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen. Diese Bevölkerungsgruppen haben erhebliche Probleme, sich im Gesundheitswesen zu orientieren, mit Herausforderungen der Krankheitsbewältigung umzugehen und informierte gesundheitsrelevante Entscheidungen treffen zu können.

Diskussion/Fazit: Die Ergebnisse liefern wichtige Erkenntnisse zur Verbesserung der bislang defizitären Datenlage über Health Literacy vulnerabler Gruppen in Deutschland und geben Hinweise für die Entwicklung von Interventionen.

Schlussfolgerung und Praxisrelevanz: Die Ergebnisse können als Grundlage für vertiefende Untersuchungen und für die Entwicklung zielgruppenspezifischer Konzepte zur Stärkung von Health Literacy genutzt werden.