Gesundheitswesen 2016; 78 - A191
DOI: 10.1055/s-0036-1586700

Auswirkungen der derzeitigen Behandlung und Betreuung Drogenabhängiger im Strafvollzug: dargestellt am Beispiel Haftentlassener der JVA-Regensburg

F Morano 1, T Krause 1
  • 1Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg, Fakultät Angewandte Sozial- und Gesundheitswissenschaften, Regensburg

Einleitung: Ca. 30% männlicher und 50% weiblicher drogenabhängiger Gefangener betreiben intravenösen Drogenkonsum. Die Prävalenzrate mit HCV ist 26-fach und HIV 16-fach häufiger in deutschen Haftanstalten im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung. Lt. LKA Bayern verstarben ca. 14% der Drogentoten 2008 in Bayern innerhalb der ersten zwei Monate nach Haftentlassung. In Haft werden nur ca. 16% dauerhaft substituiert, bei ca. 70% führt der Haftantritt zu einem Behandlungsabbruch.

Forschungsfrage: Untersucht wurde die Auswirkung der derzeitigen Versorgung drogenabhängiger Strafgefangener auf Morbidität und Mortalität anhand einer Befragung ehemaliger Strafgefangener der JVA-Regensburg.

Methodik: Im Landkreis Regensburg leben ca. 1000 Personen mit problematischem Drogenkonsum, Schätzungen zufolge waren ca. 60% in Haft. Anhand eines standardisierten Fragebogens wurden 99 haftentlassene Opiatabhängige der JVA Regensburg befragt. Der Zugang erfolgte mehrgleisig über Streetwork (Caritas) sowie die Substitutionsambulanz und die Forensische Abt. des BKH Regensburg.

Ergebnisse: 79 Männer (79,8%) und 20 Frauen (20,2%) haben teilgenommen, 89% gaben polyvalenten Konsum in Haft an. Abbruch der Substitutionsbehandlung durch die Inhaftierung bei 49,5%.

76% gaben Drogenkonsum in der JVA an, hiervon haben 58% auch injiziert. 38 Personen zeigten erhöhtes Risikoverhalten (u.a. Needle-Sharing). Bei 43% Fortsetzung des intravenösen Konsums in Haft. 39% gaben an, sich vermutlich durch unsteriles Konsumverhalten in Freiheit und 36% durch unsteriles Konsumverhalten in Haft mit HCV infiziert zu haben. Zu vermuten ist eine Ansteckung bei ca. 20% der infizierten Teilnehmer während der Haft. 54% gaben psychische Probleme in der Haft an, ca. 20% erhielten eine Behandlung. Während der ersten zwei Monate nach Haftentlassung erlitten 44,5% einen Drogennotfall, 28% benötigten ärztliche Hilfe.

Diskussion: Die sich darstellende derzeitige medizinische Versorgung muss als unzureichend betrachtet werden. Es ergaben sich Hinweise auf eine Morbiditätserhöhung und Verminderung der Vollzugszielerreichung. Dringender Verbesserungsbedarf besteht in den Bereichen ärztlicher, suchtmedizinischer und psychiatrischer Versorgung sowie von Sozialdienst und Suchtberatung.

Schlussfolgerung und Praxisrelevanz: Zur Erreichung des Vollzugsziels sind in der JVA Regensburg weitere Maßnahmen erforderlich, die intramurale suchtmedizinische Versorgung dem derzeitigen extramuralen Standards anzupassen; mit der Anstaltsleitung sowie dem Anstaltsarzt wurde Kontakt aufgenommen. Referenzen beim Verfasser.