Gesundheitswesen 2016; 78 - A188
DOI: 10.1055/s-0036-1586697

Studienkonzept zur pharmakoökonomischen Evaluation verschiedener antiretorviraler Primärtherapien bei HIV-Infektionen – Prospective clinical and pharmacoeconomic outcomes study of different first-line antiretroviral treatment strategies (PROPHET)

AK Weschenfelder 1, K Schewe 2, 3, C Hoffmann 2, S Klauke 3, 4, E Wolf 5, J Wasem 1, A Neumann 1
  • 1Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen, Essen
  • 2ICH Studycenter, Hamburg
  • 3Deutsche Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter e.V. (dagnä), Berlin
  • 4Infektiologikum, Frankfurt am Main
  • 5MUC Research, München

Hintergrund: Durch die flächendeckende Verfügbarkeit von antiretroviralen Therapien (ART) erreichen Menschen mit HIV-Infektion eine annähernd der Normalbevölkerung entsprechende Lebenserwartung. Aktuell stehen verschiedene Wirkstoffkombinationen zur Verfügung. Allerdings unterscheiden sich diese bezüglich der Einnahmemodalitäten, potentieller Nebenwirkungen, des Resistenzrisikos und des Interaktionspotentials. Daher sind in Abhängigkeit von der Wirkstoffkombination (ART-Strategie) Unterschiede hinsichtlich der Krankheitskosten zu erwarten.

Ziel: In Rahmen der PROPHET-Studie werden die Krankheitskosten HIV-Infizierter unter verschiedenen ART-Strategien auf der Basis eines großen, unselektionierten Patientenkollektivs in Deutschland untersucht.

Methoden: Prospektiv werden volljährige Patienten mit HIV-Infektion und Indikation für eine Primärtherapie in 24 Zentren deutschlandweit rekrutiert. Die Beobachtungsdauer beträgt 24 Monate mit Folgeerhebungen 3, 6, 12, 18 und 24 Monate nach Studieneinschluss. Zu jedem Erhebungszeitpunkt werden ambulante Arztkontakte beim HIV-Schwerpunktbehandler und anderen Fachärzten, stationäre Krankenhausaufenthalte und Rehabilitationsmaßnahmen, die aktuelle antiretrovirale Therapie, Begleitmedikation und Arbeitsfähigkeit erfasst. Die ART-Strategie wird nach der dritten Wirkstoffkomponente differenziert in Nicht-Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Hemmer (NNRTI), geboosterte Proteasehemmer (PI) und Integrasehemmer (INI) basierte ART. Pro Strategie werden 160 Patienten erfasst.

Die Berechnung der Krankheitskosten erfolgt aus gesellschaftlicher Perspektive. Arztkontakte, nicht HIV-bezogene Krankenhausaufenthalte und Rehabilitationen werden in Anlehnung an Bock et al. 2015 bewertet. Für stationäre Krankenhausaufenthalte mit HIV-Bezug werden DRGs zugewiesen. Bei ambulanten Leistungen des HIV-Schwerpunktbehandlers erfolgt die Bewertung anhand von EBM- bzw. GOÄ-Ziffern und Durchschnittskosten für definierte Laborleistungen. Die Kosten der ART und der dokumentierten Begleitmedikation werden mittels Roter Liste bestimmt. Der durch Arbeitsunfähigkeit entstehende Produktivitätsverlust wird mit den durchschnittlichen Bruttoarbeitskosten bewertet.

Ergebnisse: Zur Basiserhebung werden 445 überwiegend männliche (91%) Patienten mit einem Durchschnittsalter von 40 Jahren eingeschlossen. Bei 10% der Patienten liegt bereits eine AIDS-definierende Erkrankung vor. Sechs Monate nach Beginn der Studie war der Integrase-Arm vollständig rekrutiert, während die PI- und NNRTI-basierte ART deutlich seltener verordnet wurden. Bezüglich der immunologischen und virologischen Eigenschaften der Patienten zeichnen sich Unterschiede zwischen den ART-Strategien ab. Die Hauptgründe für die ART-Auswahl sind hohe Viruslast, Einfachheit und Verträglichkeit.

Diskussion: Durch eine vergleichende Analyse der Krankheitskosten unter den verschiedenen ART-Strategien können potentielle Kostenunterschiede aufgezeigt werden. Dabei bleibt zu untersuchen, inwieweit diese auf die Behandlungsstrategie selbst zurückzuführen sind oder auf die Eigenschaften der Patienten, die mit der jeweiligen Wirkstoffkombination behandelt werden.