Gesundheitswesen 2016; 78 - A175
DOI: 10.1055/s-0036-1586684

Ausgestaltung des Wissens- und Kompetenztransfers bei m-Health-Anwendungen: Kommunikations- und sprachanalytische Untersuchung von Selbstdiagnostik-Apps

H Muehlan 1, P Kücükbalaban 1, T Rostalski 1, B Zahn 1, S Schmidt 1
  • 1Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Greifswald

Einleitung/Hintergrund: Technologiebasierte mobile Gesundheitsanwendungen wie Gesundheits-Apps nehmen einen zunehmenden Stellenwert für Prävention und Gesundheitsförderung ein.

Ziel der Fragestellung: Im Rahmen des Forschungsprojekts „M-Health als Medien des Wissenstransfers“ werden die Ambivalenzen des Transfers von medizinischen Praktiken und Wissensformen in den Alltag unter der Prämisse untersucht, dass technologiebasierte gesundheitsbezogene Selbstanwendungen diesen Transfer häufig außerhalb einer professionellen Rahmung ermöglichen.

Studiendesign/Methoden: Auswahl des Materials durch Recherche in den beiden größten App-Portalen. Dokumentation von Texten und Screenshots. Qualitative Textanalyse mit MAXQDA und quantitative Textanalyse mit dem Linguistic Word Inquiry Count. Zudem ergänzende Analysen (Readability-Scoring) und Anreicherung des Datenmaterials mit weiteren Informationen (Informationen zu Gruppe der Entwickler).

Ergebnisse: Information und Hilfestellung werden als primäre Ziele definiert. Es werden zwei relevante Akteurgruppen adressiert: die, die professionell medizinisches Wissen haben (Experten) und die, die kein oder wenig medizinisches Wissen haben (Laien). Teilweise offen formuliertes Ziel der Apps ist es, eine dritte Gruppe zu schaffen – die, die genug Wissen haben, um informierte Entscheidungen treffen zu können (informierte Laien). Die Laienrolle der Anwender wird teilweise sprachlich ausgestaltet und als Argumentationsmuster genutzt. Bevorzugtes Mittel hierfür sind Beispielsituationen, die oft in Frageform entfaltet werden. Zweierlei Beziehungstypen werden verwendet: Eine „Wir-Gruppe“ als Vertreter der App (Experten) oder eine neutrale Instanz richtet sich an die potentiellen Kunden. Durch eine personalisierende Ausdrucksweise wird die App als handelndes Subjekt eingesetzt. Es findet sich größtenteils Standard- oder leicht gehobene Sprache, keine Fachsprache, selten Umgangssprache. Der Nachweis inhaltlicher Qualität wird über Angabe von Referenzen und Nennung von Quellen kommuniziert, jedoch vorwiegend auf abstraktem und nicht nachprüfbarem Niveau. Das am häufigsten angebrachte Qualitätsmerkmal neben dem hochwertigen Inhalt ist einfache Bedienbarkeit. Deren Hauptindikator ist die einfache, verständliche Sprache. Gleichzeitig ist die rechtliche Absicherung von hoher Relevanz. Viele Texte distanzieren sich nicht aktiv von medizinischer Verantwortung.

Diskussion/Fazit: Die App soll als Experte verstanden werden und wird teilweise auch sprachlich personalisiert. Dabei wird deutlich gemacht, dass die App nicht die ärztliche Profession ersetzen soll, sondern dem Laien die Kommunikation mit dem medizinischen Personal erleichtern soll. Es liegt eine Form der Experten-Laien-Kommunikation vor, die Anwender sollen nicht durch eine ihnen unzugängliche Fachsprache abgeschreckt werden.