Gesundheitswesen 2016; 78 - A174
DOI: 10.1055/s-0036-1586683

Partizipativ gestalteter Prozess der Zielorientierung in der Rehabilitation zur Optimierung von Selbstbestimmungsmöglichkeiten

T Senin 1, T Meyer 1
  • 1Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung; Medizinische Hochschule Hannover, Hannover

Hintergrund: Im Rahmen der Rehabilitation sollte neben geforderter Effizienz auch auf die Individualisierung und Bedarfsgerechtigkeit der Leistungserbringung geachtet werden, um Selbstbestimmung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben als übergeordnete Ziele der Rehabilitation zu fördern. Ein wertvolles Mittel zur Förderung von Selbstbestimmung ist die partizipative Zielvereinbarung. Bezüglich der Umsetzung bestehen jedoch Mängel. Das teilweise alleinige Besprechen der Ziele zu Beginn der Rehabilitation, ohne Konzentration auf den Rehabilitationsprozess und die Zeit nach der Rehabilitation oder die fehlende oder nur in Ansätzen vorhandene partizipative Beteiligung der Rehabilitanden an den Zielvereinbarungen charakterisieren weiterhin den Stand.

Ziel: Ziel der vorliegenden Studie ist daher die Entwicklung, Implementierung und Evaluation eines Prozesses der Zielorientierung für die medizinische Rehabilitationsbehandlung, welcher die partizipative Aushandlung und Verfolgung von Rehabilitationszielen im gesamten Rehabilitationsprozess umfasst.

Methoden: Aufgrundlage einer Literaturrecherche wurde ein theoretisch fundiertes Modell für den optimalen Prozess der Zielorientierung in der medizinischen Rehabilitation entwickelt. Unter Beachtung der Rahmenbedingungen einer stationären Rehabilitationseinrichtung wurde eine Übertragungsmöglichkeit des Prozesses in die Praxis festgelegt, mit einer ausgewählten Rehabilitationseinrichtung diskutiert und implementiert. Die Evaluation des entwickelten Prozesses erfolgt durch ein quasi-experimentelles Prä-Post-Design im Rahmen einer Rehabilitandenbefragung. Verglichen werden die definierten Reha-Ziele, die Zielorientierung und das Kommunikationsverhalten von Behandlern sowohl vor und nach Implementierung als auch in Bezug zu einer Kontrollklinik.

Ergebnisse: Der Prozess der Zielorientierung, der bereits vor dem Rehabilitationsaufenthalt mit der Vorbereitung von Rehabilitanden auf die Definition von Reha-Zielen beginnt und mit dem Aushandeln von Reha-Zielen für die Zeit nach der Rehabilitation endet, konnte erfolgreich in eine Rehabilitationseinrichtung implementiert werden. Die Ergebnisse der Eingangsbefragung in beiden Kliniken zeigen auf, dass einzelne Aspekte der Zielorientierung bereits vor der Implementierung des Prozesses erfüllt wurden. Die geäußerten Ziele der Rehabilitanden zu Beginn der Rehabilitation sind charakteristischerweise als Wünsche und nicht spezifisch oder zeitbezogen formuliert. Es wird zusätzlich vorgestellt, inwiefern der implementierte Prozess der Zielorientierung zu einer Verbesserung von Zieldefinition, Zielorientierung und Kommunikationsverhalten führen kann.

Diskussion und Fazit: Durch die Implementierung können partizipative Zielvereinbarungen, die bislang nur in Ansätzen vorhanden sind, ein fester Bestandteil des gesamten Rehabilitationsprozesses werden. Die Schaffung eines Handlungsrahmens, in welchem Rehabilitanden ihre persönlichen Rehabilitationsziele offen benennen können, stellt eine wichtige Förderungsmöglichkeit von Selbstbestimmung dar.