Gesundheitswesen 2016; 78 - A167
DOI: 10.1055/s-0036-1586676

Modellgestützte Schätzung des relativen Risikos vermeidbarer Sterblichkeit auf Kreisebene in der Metropolregion Rhein-Ruhr unter Berücksichtigung von räumlichen Effekten und ökologischen Kovariablen

M Schäfer 1, T Caucamán Castillo 2
  • 1Mathematisches Institut, Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf
  • 2Fakultät Raumplanung, Technische Universität Dortmund, Dortmund

Hintergrund: Die Metropolregion Rhein-Ruhr weist große Heterogenitäten bei vermeidbarer Mortalität auf, u.a. bezüglich der koronaren Herzkrankheit, Krankheiten der Leber sowie bösartiger Neubildungen der Luftröhre, Bronchien und der Lunge.

Insbesondere im nördlichen, vom Strukturwandel besonders stark betroffenen Ruhrgebiet fallen Häufungen solcher Sterbefälle zusammen mit Faktoren wie hoher Arbeitslosigkeit, geringer durchschnittlicher (Schul-)Bildung, stärkerer Neigung zu Rauchen, Überalterung und einem hohen Ausländeranteil in der Bevölkerung (lögd, 2005).

Ziel: In diesem Beitrag werden aktuelle (in den Jahren 2009 – 2013 erhobene) Daten auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte der Metropolregion betrachtet. Ziel ist es, den Einfluss der genannten Kovariablen auf die Mortalität zu schätzen und ferner für alle drei Krankheitsgruppen durch erhöhte Mortalität gekennzeichnete räumliche Cluster zu identifizieren.

Methoden: Standardisierte Mortalitätsratios (SMRs) als Schätzer für das relative Risiko haben in diesem Kontext u.a. den Nachteil, dass eine Berücksichtigung der Kovariablen nicht möglich ist und hohe Werte in einzelnen Kreisen mit unterschiedlicher Bevölkerung schwer zu interpretieren sind. Eine räumliche Glättung ist deshalb wünschenswert, kann jedoch auch von einem Standard-Regressionsmodell nicht ohne Weiteres geleistet werden.

Wir wenden ein hierarchisches Bayesianisches Regressionsmodell nach Besag et al. (1991) zur Schätzung des relativen Risikos auf Kreisebene an, das ökologische Kovariablen sowie latente Variablen berücksichtigt. Eine latente Variable bildet die Korrelation zwischen benachbarten Kreisen ab und bewirkt so eine räumliche Glättung, ihr wird ein Markov Random Field Prior zugewiesen. Das Modell ist bekannt in der räumlichen Epidemiologie (siehe u.a. Davies, 2005).

Ergebnisse: Die Ergebnisse werden in Karten veranschaulicht. Unter den Kreisen und kreisfreien Städten der Metropolregion mit erhöhten Risiken stechen Duisburg, Oberhausen, Gelsenkirchen, Recklinghausen und Dortmund hervor, bei denen für alle drei Krankheitsgruppen mit 95%iger Wahrscheinlichkeit ein im Vergleich zum Landesdurchschnitt erhöhtes Sterberisiko besteht. Diese Städte entsprechen in etwa dem in früheren sozialräumlichen Clusteranalysen als „Armutspol“ bezeichneten Gebiet (Strohmeier et al., 2007). Für alle drei Krankheitsgruppen kann ein erklärender Einfluss der Arbeitslosenquote mit 95%iger Sicherheit nachgewiesen werden.

Diskussion: Das in früheren deskriptiven und explorativen Analysen benannte räumliche Städtecluster im nördlichen Ruhrgebiet, gekennzeichnet durch erhöhte Risiken vermeidbarer Sterbefälle gepaart mit charakteristischen sozioökonomischen Eigenschaften, kann durch Analyse aktueller Daten mit einem umfassenden räumlichen Modell bestätigt werden. Dies unterstreicht den regionalen Handlungsbedarf. Referenzen beim Verfasser.