Gesundheitswesen 2016; 78 - A163
DOI: 10.1055/s-0036-1586673

Inanspruchnahme der onkologischen Rehabilitation im Verhältnis zur Krebsinzidenz

E Nowossadeck 1, B Barnes 1
  • 1Robert Koch-Institut, Berlin

Einleitung: Ziele der onkologischen Rehabilitation sind die Verbesserung der Lebensqualität von Krebserkrankten sowie die Vermeidung oder Reduzierung von krankheits- und therapiebedingten Beeinträchtigungen. Deshalb haben Krebserkrankte nach stationärer Versorgung Anspruch auf eine Rehabilitation. Bislang ist nicht bekannt, in welchem Ausmaß Krebserkrankte eine Rehabilitation in Anspruch nehmen.

Fragestellung: Der Beitrag untersucht das Verhältnis zwischen Inanspruchnahme von onkologischen Rehabilitationen und Krebsinzidenz im Jahr 2012.

Methoden: Schätzungen zur Krebsinzidenz und zum Krebsüberleben kommen vom Zentrum für Krebsregisterdaten. Von der Inzidenz wurde der Anteil der Verstorbenen im ersten Jahr nach Diagnosestellung abgezogen. Diagnosespezifische Daten zu Rehabilitationsfällen in Einrichtungen mit mehr als 100 Betten entstammen der Krankenhausdiagnosestatistik (Statistisches Bundesamt). Die Zahl der onkologischen Rehabilitationsfälle in kleineren stationären sowie in ambulanten Einrichtungen wurde den Grunddaten der Krankenhausstatistik sowie der Statistik der Deutschen Rentenversicherung, jeweils ohne Diagnosebezug, entnommen. Ausgewertet wurden Daten zu Krebs insgesamt, Darm-, Lungen-, Brust- und Prostatakrebs.

Ergebnisse: Im Jahr 2012 erkrankten 225,9 Tsd. Frauen und 252,1 Tsd. Männer an einer Krebserkrankung. Etwa 1 – 2% aller onkologischen Rehabilitationsmaßnahmen finden in ambulanten Rehabilitationseinrichtungen statt. Der Anteil der Rehabilitationsfälle in Einrichtungen mit weniger als 100 Betten betrug 13,6%. Auf der Basis dieser Daten wurde angenommen, dass die Krankenhausstatistik 85% aller onkologischen Rehabilitationen erfasst. Die Krankenhausstatistik weist 92,0 Tsd. onkologische Fälle (Frauen) bzw. 78,1 Tsd. Fälle (Männer) in Rehabilitationseinrichtungen mit mehr als 100 Betten aus. Werden Überlebenswahrscheinlichkeit (Frauen: 80%, Männer: 76%) und Untererfassung der Rehabilitationsstatistik berücksichtigt, beträgt die Zahl der Rehabilitationsfälle 60% (Frauen) und 48% (Männer) der Inzidenzfälle. Für die untersuchten Diagnosen ergeben sich folgende Werte: Darmkrebs 50% (Frauen) und 45% (Männer); Lungenkrebs 50% (Frauen) und 48% (Männer); Brustkrebs 83% (Frauen); Prostatakrebs 56% (Männer).

Diskussion: Die Inanspruchnahme der onkologischen Rehabilitation differiert nach Geschlecht und Diagnose. Frauen nehmen häufiger eine onkologische Rehabilitation in Anspruch als Männer. Je nach Diagnose gab es 2012 schätzungsweise zwischen 17% und 52% weniger Rehabilitations- als Inzidenzfälle. Die hohe Rehabilitationsteilnahme bei Brustkrebspatientinnen könnte aus dem niedrige mittlere Erkrankungsalter sowie der durchschnittlich guten Prognose bei dieser Erkrankung resultieren.

Schlussfolgerung: Auf 10 Krebsneuerkrankungen 2012 kamen bei Frauen 6 und bei Männern etwa 5 Rehabilitationsfälle. Ob diese Ergebnisse auf eine rehabilitative Unterversorgung hinweisen, ist in weiteren Analysen zu klären.