Gesundheitswesen 2016; 78 - A144
DOI: 10.1055/s-0036-1586654

Motivation oder Umwelt? Sozialökologische Betrachtung von Einflussfaktoren auf einen bewegten Arbeitsweg

H Gohres 1, J Bucksch 2
  • 1Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld
  • 2Universität Bielefeld, Bielefeld

Hintergrund: Die Mehrheit der Erwachsenen kann aktuelle Bewegungsempfehlungen nicht erreichen. Ein Ansatzpunkt mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren, liegt in der Förderung des Zufußgehens oder Fahrradfahrens auf dem Arbeitsweg. Dazu ist die Kenntnis über Determinanten des Mobilitätstverhaltens auf dem Arbeitsweg eine notwendige Voraussetzung.

Ziel der Fragestellung: Die Studienlage zu Einflussfaktoren auf das Mobilitätsverhalten ist inkonsistent und häufig eindimensional beschränkt auf motivationale oder umweltbezogene Aspekte. Zudem fehlen Studien auf nationaler Ebene. Deshalb wurden im Sinne eines sozial-ökologischen Verständnisses Einflussfaktoren eines bewegten Arbeitsweges im nationalen Kontext untersucht.

Methodisches Vorgehen: In einer Querschnittstudie mit einer ad-hoc-Stichprobe von Berufstätigen (n = 193; Frauen: 57,0%) im Jahr 2014 wurde der Zusammenhang zwischen Faktoren auf individueller, sozialer sowie umweltbezogener Ebene und der Transportmittelwahl durch fragebogenbasierte Selbstangaben analysiert. Die abhängige Variable war definiert als aktives (min. 3 Mal/Woche) vs. nicht-aktives Mobilitätsverhalten. Der Zusammenhang wurde im ersten Schritt bivariabel untersucht und anschließend multivariable logistische Regressionsmodelle separat für jede sozial-ökologische Ebene aufgestellt. Die signifikanten Variablen wurden abschließend schrittweise, entsprechend der Ebenen, in einem finalen Modell zusammengeführt.

Ergebnisse: Die bivariablen Ergebnisse zeigten für alle sozial-ökologischen Ebenen signifikante Assoziationen zwischen verschiedenen Faktoren und einem aktiven Mobilitäsverhalten. Das finale Regressionsmodell wies signifikante Assoziationen mit einem bewegten Arbeitsweg für Gewohnheiten (OR = 0,58; 95%-KI 0,35 – 0,96), Intention (OR = 1,62; 95%-KI 1,23 – 2,13), Verhaltenseinstellungen (OR = 3,20; 95%-KI 1,14 – 6,99) und die selbstangegebene Länge des Arbeitswegs (OR = 0,82; 95%-KI 0,73 – 0,91) auf. Auf Umweltebene bestand nur bei separater Betrachtung für die wahrgenommene Gehwege-Infrastruktur ein signifikanter Zusammenhang, der bei Aufnahme in das Gesamtmodell nicht bestehen blieb. Ebenso verhielt es sich mit den Faktoren auf sozialer Ebene (subjektive und soziale Norm).

Fazit und Implikationen: Faktoren aller sozial-ökologischen Ebenen hingen mit einem aktiven Mobilitätsverhalten zusammen. Da allerdings im statistischen Gesamtmodell nur motivationale Faktoren signifikante Ergebnisse erzielten, scheint diesen eine bedeutsame Rolle für die Erklärung eines körperlich aktiven Mobilitätsverhaltens zuzukommen. Aufgrund des explorativen Studiendesigns müssen Limitationen dieser Untersuchung (wie u.a. Stichprobengröße und subjektive Erfassung der Umwelt) berücksichtigt werden. Thematisch vergleichbare internationale Studien sahen neben motivationalen mitunter stärkere Einflüsse der Umwelt. Deshalb bedarf es (inter)national weiterer Studien, die das Zusammenwirken der Ebenen in repräsentativen Stichproben mit prospektivem Design sowie subjektiv und objektiv erfassten Umweltmerkmalen des Arbeitswegs untersuchen. Referenzen beim Verfasser.