Gesundheitswesen 2016; 78 - A114
DOI: 10.1055/s-0036-1586624

Synopse zur aktuellen räumlichen Visualisierung in der Gesundheitsberichterstattung

R Sutcliffe 1, S Moebus 1
  • 1Zentrum für Urbane Epidemiologie, Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Universitätsklinikum Essen, Universität Duisburg-Essen, Essen

Hintergrund: Kartographische Visualisierungen von Daten und Informationen ermöglichen eine räumliche Beschreibung von Gesundheit und Krankheit in der Bevölkerung. Aus der Visualisierung räumlicher Zusammenhänge können Hypothesen generiert werden. Diese können wiederum zu gesundheitsrelevanten und interdisziplinären Lösungsansätzen führen. Die Potentiale der kartographischen Darstellungen werden zunehmend erkannt und für die Gesundheitsberichterstattung (GBE) eingesetzt. Ziel dieses Beitrages ist einen Überblick zu aktuellen methodischen Ansätzen der räumlichen Darstellung in der GBE zu geben.

Methoden: Zur Identifikation von methodischen Ansätzen wurden kartographische Darstellungen in Gesundheitsberichten und -atlanten identifiziert. Dazu wurde mit Bezug auf die Themenbereiche Kartografie, Umwelt oder Atlas in Kombination mit Gesundheit, Mortalität und Morbidität gezielt in Online-Portalen von Gesundheitsbehörden und öffentlichen Gesundheitsdiensten gesucht. Die Suche wurde auf die Jahre 2000 – 2016 sowie auf deutsch- und englischsprachige Veröffentlichungen begrenzt.

Ergebnisse: In der GBE werden zwei Arten der Visualisierung genutzt: statische Karten in Gesundheitsberichten und online verfügbare interaktive Karten; in ihren Methoden unterscheiden sie sich nicht. Insgesamt konnten drei grundlegende Methoden identifiziert werden, die in der GBE am häufigsten genutzt werden. Die einfachste Form ist die Deskription von Gesundheitsindikatoren und -variablen auf Bundes-, Gemeinde- und Kreisebene, wobei höchstens zwei Indikatoren miteinander verknüpft werden. Vereinzelt kommen Glättungsverfahren bei geringen Fallzahlen zur Anwendung. Vorwiegend ist die Deskription Bestandteil in Morbiditäts- und Mortalitätsatlanten. Aufwändigere methodische Verfahren beruhen auf Clusterbildung und Dichteanalysen. Letztere sind in Form von Standortanalysen im Bereich der medizinischen Versorgung zu finden. Sozialraumanalysen werden im Bereich Soziales und Gesundheit, Umweltgerechtigkeit sowie Kindergesundheit angewendet. Diese Verfahren verknüpfen durch Indexbildung häufig mehr als zwei Indikatoren, z.B. durch Bildung von umwelt- oder sozialbezogenen Indices für Mehrfachbelastungen. Im Bereich Umweltgerechtigkeit sind erste Ansätze zu finden, topographische und räumliche Umweltmerkmale mit Gesundheitsdaten zu verknüpfen und in Karten darzustellen. International konnten Leitlinien für kartographische Darstellungen identifiziert werden, jedoch nicht in Deutschland. Aktuell ist die Initative „Gute kartographische Praxis im Gesundheitswesen“ dabei Empfehlungen zu erstellen.

Fazit: Anspruchsvollere Methoden zur kartographischen Visualisierung von gesundheitsbezogenen Indikatoren werden in der GBE im Bereich Umweltgerechtigkeit, Kindergesundheit und medizinischer Versorgungsstrukturen genutzt. Kartographischen Visualisierungen sollten für weitere Themen der GBE geprüft werden. Insgesamt sollten die Methoden in der Lehre Eingang findent und die Verständlichkeit der (interaktiven) Karten für Nutzer/innen evaluiert werden.