Gesundheitswesen 2016; 78 - A81
DOI: 10.1055/s-0036-1586591

Netzwerkaufbau im Rahmen der „Demenzfreundlichen Apotheke“ Erfahrungen aus einem Modellprojekt in Österreich

P Plunger 1, K Heimerl 1, V Tatzer 1
  • 1Alpen-Adria Universitaet Klagenfurt, Wien

Hintergrund: Apotheken sind niederschwellig zugängliche Gesundheitseinrichtungen, die von Menschen mit Demenz bzw. betreuenden Angehörigen regelmäßig aufgesucht werden. Neben arzneimittelbezogenen Fragestellungen erreichen ApothekenmitarbeiterInnen häufig Fragen zur Diagnosestellung und zur Betreuung von Menschen mit Demenz.

Ziel und Methoden: Im Modellprojekt „Demenzfreundliche Apotheke“ wurden im Sinne von „Re-orienting Health Services“ in einem partizipativen Forschungsprozess mit ApothekenmitarbeiterInnen und betreuenden Angehörigen unterschiedliche Maßnahmen entwickelt, um die Lebensqualität von Menschen mit Demenz und ihrer betreuenden Angehörigen zu fördern. Vernetzung von Apotheken mit Beratungs- und Betreuungseinrichtungen wurde als ein Ziel des Projekts definiert, da Informationen zu diesen Einrichtungen und ihren Angeboten für Betroffene teilweise schwer zugänglich sind und Apotheken hier als Vermittlungsinstanzen auftreten können.

Ergebnisse: Zu Projektbeginn wurde der Grad der Vernetzung von den MitarbeiterInnen als niedrig eingeschätzt und als problematisch im Hinblick auf Vermittlung relevanter Angebote und auch die Grenzen professionellen Wissens und Zuständigkeit beschrieben. Zu Projektende hatte sich die Anzahl der Vernetzungen in den Apotheken signifikant erhöht. Der Grad der Vernetzung korrelierte mit der Zufriedenheit der MitarbeiterInnen mit dem Modellprojekt. Wichtigste VernetzungspartnerInnen waren Pflegedienste, Selbsthilfegruppen, und MedizinerInnen. Die Vernetzungen waren vorwiegend unilateral, also von Apotheken ausgehend. Von den Apotheken wurden unterschiedliche Ansätze zur Vernetzung gewählt: Erstellung einer Liste von relevanten Beratungs- und Betreuungseinrichtungen zur Mitgabe an Angehörige, Info-Vorträge mit Vernetzungspartnern, und Demenztage in der Kommune.

Diskussion: Vernetzungen von Apotheken mit Beratungs- und Betreuungseinrichtungen verändern nicht nur die Beratungsaktivitäten in den Apotheken, sondern auch das Rollenverständnis der MitarbeiterInnen. Ein erfolgreicher Aufbau von Netzwerken setzt voraus, dass der Ressourcenaufwand an die Möglichkeiten der jeweiligen Apotheke angepasst wird. In Zukunft sollte besonderes Augenmerk auf vermittelte Inhalte und deren Übereinstimmung über unterschiedliche Ansprechstellen hinweg geachtet werden, wie auch auf eine ressourcenorientierte Vermittlung.

Schlussfolgerungen und Praxisrelevanz: Apotheken können Partner in Public Health Netzwerken sein, durch ihre Doppelstellung als Gesundheitseinrichtung und Betrieb eröffnen sie darüber hinaus Möglichkeiten zum Aufbau von kommunalen Netzwerken über den Gesundheits- und Sozialbereich hinaus. Vernetzungsaktivitäten sind insbesondere im Feld Demenz notwendig, da die Betreuung den Gesundheits- und Sozialbereich erfasst und über strukturelle Grenzen hinweg organisiert werden muss. Die Ergebnisse aus dem Modellprojekt können für den Aufbau von anderen (thematischen) Netzwerken unter Einbezug von Apotheken genutzt werden. Referenzen beim Verfasser.