Gesundheitswesen 2016; 78 - A61
DOI: 10.1055/s-0036-1586571

Prospektive Evaluation und Bedarfsanalyse für die Entwicklung eines Curriculums „Kulturelle Kompetenz in der Pflege“

C Dörge 1, S Lautenschläger 1
  • 1Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (htw saar), Saarbrücken

Hintergrund: Durch die Globalisierung wird die Bevölkerung immer vielfältiger. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Anteil von Migranten auch zukünftig weiter zunehmen wird, was den Bedarf nach professionellen Pflegeleistungen wahrscheinlich werden lässt. Migranten unterscheiden sich jedoch von der autochtonen Bevölkerung z.B. hinsichtlich ihrer Pflegebedürfnisse. Gegenwärtig wird das Thema „Kultursensible Pflege“ nur peripher in der Ausbildung behandelt und national existiert keine den Autoren bekannte Fortbildung, die theoretisch fundiert und evaluiert ist.

Zielsetzung: Das Ziel der Studie bestand darin, den Bedarf und die Rahmenbedingungen für eine Fortbildung „Kulturelle Kompetenz in der Pflege“ zu evaluieren.

Methoden: Mit einer Zufallsauswahl wurden 4 Kliniken, 24 Alten- und Pflegeheime sowie 57 ambulante Pflegedienste aus dem Saarland ausgewählt. Befragt wurden Pflegefachkräfte mit einer einschlägigen Ausbildung im Pflegebereich (N = 437) sowie Pflegedienstleitungen (N = 38). Den Teilnehmergruppen entsprechend wurden 2 Fragbögen entwickelt. Ein Pretest erfolgte durch 1 Fachkollegin sowie 2 fachfremde Akademiker und 15 Studenten aus einem Pflegestudiengang. Die statistische Datenauswertung wurde deskriptiv durch Häufigkeitsverteilungen mit dem Softwarepaket SPSS 23 durchgeführt.

Ergebnisse: Pflegekräfte erleben und beschreiben eine tendenzielle Zunahme in der Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund. Wenngleich sich die Mehrheit der Pflegekräfte bei der Durchführung pflegerischer Interventionen in ihren kulturellen Kompetenzen sicher fühlt, sieht die Hälfte der Pflegekräfte einen hohen eigenen Fortbildungsbedarf in diesem Bereich. Die Pflegekräfte präferieren eine Fortbildungsdauer von 2 – 3 Tagen mit einer 4- oder 8-stündigen Dauer je Fortbildungstag. Insbesondere wird der Zeitrahmen von 08:00 bis 12:00 Uhr bei einer Dauer von 4 Stunden und 08:00 bis 16:00 Uhr bei einer Dauer von 8 Stunden bevorzugt. Die finanzielle Selbstbeteiligung der Pflegekräfte an den Fortbildungskosten ist als gering einzuschätzen, wobei über 90% der befragten Einrichtungen eine Fortbildungsteilnahme fördert. Über 80% der befragten Pflegekräfte würden an einer Fortbildung teilnehmen, was für die Konzeption eines Curriculums spricht.

Schlussfolgerung und Praxisrelevanz: Die Ergebnisse der prospektiven Evaluation geben wichtige Hinweise auf die Rahmenbedingungen, unter denen Pflegekräfte an einer Fortbildung zur kulturellen Kompetenz in der Pflege teilnehmen und Pflegedienstleitungen eine Teilnahme gewähren würden. Die Ergebnisse sollten bei der Konzeption eines Curriculums berücksichtigt werden. Die Fortbildung kann einen Beitrag zur Verbesserung der transkulturellen Kommunikation und einer qualitätsgerechten Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund leisten.