Gesundheitswesen 2016; 78 - A52
DOI: 10.1055/s-0036-1586562

Effekte eines Hypertonie-Managements auf den Blutdruck von Typ-2-Diabetikern: Ergebnisse einer Cluster-randomisierten Studie

C Kersting 1, A Viehmann 1, B Weltermann 1
  • 1Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Essen, Universität Duisburg-Essen, Essen

Hintergrund: Zur Prävention von kardiovaskulären Komplikationen und Mortalitätssenkung bei Typ-2-Diabetiker mit Hypertonie ist die Blutdruckeinstellung wichtiger als die Blutzuckereinstellung. Trotz vieler Therapieoptionen ist der Blutdruck von nur etwa 50% der hypertensiven Diabetiker in Deutschland im Zielbereich.

Fragestellung: Welchen Effekt hat eine arzt-zentrierte Schulung über ein strukturiertes Hypertonie-Management auf den Behandlungserfolg von Typ-2-Diabetikern mit Hypertonie? Dabei ist Behandlungserfolg als kontrollierter Langzeitblutdruck (< 130/80 mmHg) und/oder Reduktion der Systole um 20 mmHg und/oder Diastole um 10 mmHg definiert.

Methoden: In einer Cluster-randomisierten Studie mit 22 Hausarztpraxen haben wir die Effekte eines strukturierten Hypertonie-Managements im Versorgungsalltag evaluiert. Teilnehmende Praxen wurden 1:1 in Interventions- und Kontrollarm randomisiert; jede Praxis schloss ≥5 Hypertoniker mit und ohne Diabetes ein. Interventionspraxen erhielten eine dreiteilige Fortbildung über hausärztliches Hypertonie-Management inklusive Expertenkonsultationen, Fallbesprechungen und Implementierungsstrategien. Zu Beginn und nach 5 Monaten erhielten die Patienten eine Langzeitblutdruckmessung. Zusätzlich wurden die Ärzte und Patienten schriftlich befragt. Die vorliegende explorative Analyse bezieht sich auf die Subpopulation von Typ-2-Diabetikern. Der primäre Zielparameter war der Behandlungserfolg zu Follow-Up. Sekundäre Zielparameter waren die Blutdruckkontrollrate sowie Veränderungen der Systole und Diastole. Lineare gemischte Modelle in SAS dienten zur Bemessung des Interventionseffekts unter Berücksichtigung der Cluster-Struktur.

Ergebnisse: Für 134 der 169 Studienpatienten lagen vollständige Langzeitblutdruck-Dokumentationen von Baseline und Follow-Up vor (79,3%). Von diesen hatten 40 (29,9%) einen Typ-2-Diabetes und bildeten die Analysepopulation. Das Durchschnittsalter betrug 66 Jahre (SD: 13,1), 60,0% waren männlich. Der Behandlungserfolg betrug 30,4% im Interventions- und 23,5% im Kontrollarm (Odds Ratio: 1,42, 95%-Konfidenzintervall: 0,32 – 6,24). Die Blutdruckkontrollrate stieg von 0% auf 22,5% (p = 0,004) ohne Unterschied zwischen den Studienarmen. Der mittlere Blutdruck sank im Interventionsarm stärker (-8,5/-4,0 mmHg; p = 0,003/p = 0,029) als im Kontrollarm (-6,3/-2,6 mmHg; p = 0,064/p = 0,117). Das für Alter und Geschlecht kontrollierte Modell zeigte keinen Effekt für den Behandlungserfolg bzw. die Blutdruckkontrolle und die Veränderung von Systole oder Diastole.

Diskussion/Fazit: Diese explorative Analyse unserer Cluster-randomisierten Studie zeigte keinen Interventionseffekt bei Typ-2-Diabetikern, jedoch ist trotz der kurzen Nachbeobachtungszeit von 5 Monaten und der kleinen Subpopulation ein Hinweis auf einen möglichen Interventionseffekt zu beobachten. Eine stärkere Ausrichtung der Intervention auf hypertensive Typ-2-Diabetiker ist geplant.

Praxisrelevanz: Strategien zur Verbesserung der Blutdruckeinstellung von Typ-2-Diabetikern in Hausarztpraxen sind sinnvoll.