Gesundheitswesen 2016; 78 - A27
DOI: 10.1055/s-0036-1586537

Optimierungsansätze bei der Kooperation von Betriebsärzten, Rehabilitationsmedizinern und Hausärzten im Rehabilitationsprozess in Deutschland

S Völter-Mahlknecht 1, J Stratil 1, MA Rieger 1
  • 1Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen

Hintergrund: Bisher ist die Kooperation von Betriebs-, Rehabilitations- und Allgemeinmedizinern in Deutschland wenig erforscht [1 – 3]. Während in Modellprojekten demonstriert werden konnte, dass eine Intensivierung der Kooperation den Erfolg von Rehabilitation (z.B. Return to Work) deutlich steigern kann, ist diese Schnittstelle heute u.a. durch eine unbefriedigende Kooperationsintensität, unzureichende Kenntnisse über den Arbeitsplatz sowie durch ungenügenden Informationsfluss unter allen Arztgruppen geprägt [4, 5].

Ziel der Fragestellung: Das Ziel der Arbeit war daher, Ausprägungen der Zusammenarbeit zwischen den genannten Arztgruppen zu untersuchen und zu erfassen, wie diese insbesondere von Rehabilitanden erlebt wird, um daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten.

Methoden: Das transkribierte und pseudonymisierte Material aus n = 8 Fokusgruppeninterviews (n = 4 – 10 Personen, je 2 Gruppen mit Betriebs-, Rehabilitations- und Allgemeinmedizinern sowie Rehabilitanden) wurde mittels der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring analysiert.

Ergebnisse: Bei einer insgesamt als gering ausgeprägt erlebten Kooperation an Schnittstellen im Rehabilitationsprozess war insbesondere der geringe Einbeziehungsgrad von Betriebsmedizinern auffällig. Dabei stand ein positives Selbstkonzept dieser Gruppe, z.B. zur Bedeutung im Rehabilitationsprozess, deutlich abweichenden Fremdkonzepten gegenüber. Passend dazu konnten sowohl ein geringes Wissen über die betriebsärztliche Tätigkeit und Rolle, negative Fremdbilder, Bedenken bezüglich des Verhältnisses zum Arbeitsgeber und unzureichendes Bewusstsein über Chancen einer Zusammenarbeit bei den übrigen Befragten, auch den Rehabilitanden herausgearbeitet werden. Weitere Kooperationshindernisse wurden u.a. bei Ressourcenallokation, Erreichbarkeit, innerbetrieblicher Organisation, Datenschutz und bei den Entlassungsberichten ausgemacht. Die Existenz von Reha-Service-Stellen war weitgehend unbekannt, deren Funktion wurde jedoch begrüßt. Optimierungsmöglichkeiten wurden unter anderem in Case-Managern, strukturierter Kooperation bei Risikofällen und einheitlichen Sprachregelungen gesehen.

Diskussion und Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse bestätigen bestehende Erkenntnisse, kontextualisieren diese weiter und liefern neue Aspekte. Strukturelle, organisatorische, operative und interpersonelle Interventionen könnten die Kooperation an dieser Schnittstelle verbessern. Eine quantitative Befragung im Sinne eines Mixed-Method-Ansatzes soll angeschlossen werden, um die Ergebnisse zu quantifizieren und Prädiktoren für eine im Hinblick auf Patienten-relevante gute Zusammenarbeit zu eruieren. Referenzen beim Verfasser.