Gesundheitswesen 2016; 78 - A16
DOI: 10.1055/s-0036-1586526

Einfluss der Nachbarschaft auf die körperliche Aktivität im Freien bei 65 – 75-Jährigen in Bremen: Ein Mixed-Methods-Ansatz

L Lübs 1, E Söllner 2, J Peplies 3, B van Hoven 4, K Bammann 5
  • 1Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP), AG Epidemiologie des demographischen Wandels, Bremen
  • 2Universität Groningen, Groningen
  • 3Universität Bremen, IPP – Institut für Public Health und Pflegeforschung, AG Epidemiologie des demographischen Wandels, Bremen, Bremen
  • 4Faculty of Spatial Sciences Department of Cultural Geography, AD Groningen
  • 5Universität Bremen, Bremen

Hintergrund: Ziel des Präventionsprojektes AEQUIPA-OUTDOOR ACTIVE ist es partizipativ eine passgenaue Bewegungsförderung für einen großen industriell geprägten Stadtteil Bremens zu entwickeln. Ein erster Schritt ist die Identifizierung der Einflussfaktoren körperlicher Aktivität 65 – 75-Jähriger. Diese Einflussfaktoren sind vielfältig und für jüngere Menschen gut erforscht. Für die Altersgruppe der 65 – 75-Jährigen gibt es im Bereich der Bewegung im Freien jedoch großen Forschungsbedarf. Für einen verhältnispräventiven Ansatz sind insbesondere umweltbedingte und soziale Faktoren in den Fokus zu rücken. Um die komplexen Einflüsse der gebauten und sozialen Umwelt auf die körperliche Aktivität 65 – 75-Jähriger im Freien zu erforschen, wurde ein Mixed-Methods-Ansatz verfolgt.

Methoden: Ein Mix verschiedener Forschungsmethoden aus der qualitativen Sozialforschung und der Humangeografie wurde eingesetzt. In einem zweistufigen Ansatz wurde als erstes mithilfe von ‚Walkabouts‘, ‚Feldtagebüchern‘ und ‚Fotodokumentationen‘ die Umgebung systematisch erkundet. Im zweiten Schritt wurden ‚Mental Maps‘ und ‚Walking Interviews‘ sowie ‚Fotodokumentationen‘ durchgeführt, um die Sicht der 65 – 75-jährigen einzufangen. Für die ‚Mental Maps‘ werden alltägliche Wege der Teilnehmenden in ihrer Nachbarschaft aus dem Gedächtnis aufgezeichnet. Die Routen für die ‚Walking Interviews‘ bestimmten die Teilnehmenden selbst.

Ergebnisse: Es wurden 8 Walking Interviews in 4 Ortsteilen durchgeführt (2 Männer; 6 Frauen). Die Teilnehmenden waren zum größten Teil finanziell gut situiert und eher aktiv. Körperliche Aktivität im Freien erfolgte häufig zum Transport, z.B. zu Terminen. Regelmäßige Ziele waren Hausärzte, Apotheken, Einkaufsmöglichkeiten, Familienmitglieder und Freunde. Die Entscheidung welches Transportmittel genutzt wurde, war abhängig von Wetter, Motivation, Distanz und Befinden. Haupttransportmittel im Alltag war das Fahrrad. Die genutzten Wege waren abhängig vom Zustand der Straßen und Radwege, darüber hinaus spielen physische Grenzen wie Bahntrassen eine große Rolle. Die Ästhetik der gebauten Umwelt war ein Haupteinflussfaktor für körperliche Aktivität im Freien. Für Frauen waren soziale Kontakte ein wichtiger Motivationsgrund für Bewegung.

Schlussfolgerung: Die direkte bauliche und soziale Nachbarschaft hat einen großen Einfluss auf die Bewegung von 65 – 75-Jährigen im Freien und sollte bei verhältnispräventiven Ansätzen zur Bewegungsförderung unbedingt berücksichtigt werden. Weitere Forschung ist notwendig. Der Mixed-Methods-Ansatz ist dabei vielversprechend.