Gesundheitswesen 2016; 78 - A9
DOI: 10.1055/s-0036-1586519

Arbeitslosigkeit und Gesundheit

S Müters 1, L Kroll 1, T Lampert 1
  • 1Robert Koch-Institut, Berlin

Hintergrund: Die Ergebnisse vieler Studien verdeutlichen einen schlechteren Gesundheitszustand von Arbeitslosen im Vergleich zu Erwerbstätigen. Einem allgemeinen Rückgang der Arbeitslosenquote steht zwischen den Jahren 2005 und 2012 ein Ansteigen der Armutsrisikoquote von Arbeitslosen von 49,6% auf 58,7% gegenüber. Der Beitrag analysiert anhand aktueller Daten, inwieweit unterschiedliche Gesundheitsoutcomes bei Erwachsenen in Deutschland mit Arbeitslosigkeit assoziiert sind.

Methode: Die Analysen basieren auf gepoolten Daten der bevölkerungsweiten Studie Gesundheit in Deutschland aktuell (GEDA) aus den Jahren 2010 und 2012. Es werden Angaben von Männern und Frauen zwischen 18 und 64 Jahren verwendet (n = 31.955). Die Responserate (Response Rate 3 nach AAPOR) lag für 2010 bei 29,8% und für 2012 bei 22,1%. Arbeitslosigkeit wurde über die Angabe der Befragten erfasst, ob sie innerhalb der letzten 5 Jahre arbeitslos gewesen sind. Zusätzlich wurde die Arbeitslosigkeitsdauer in diesem Zeitraum erfasst. Mittels regressionsanalytischer Verfahren wurde der Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeitserfahrungen und subjektiver Gesundheit, Depressionen sowie gesundheitsrelevanter Verhaltensweisen berechnet.

Ergebnisse: Männer und Frauen mit Arbeitslosigkeitserfahrungen schätzen nach Kontrolle für Altersunterschiede ihren Gesundheitszustand deutlich schlechter ein als Erwerbstätige ohne Arbeitslosigkeitserfahrungen innerhalb der letzten 5 Jahre. Bei Arbeitslosigkeitserfahrungen von mehr als 12 Monaten berichten sie im Vergleich zu Erwerbstätigen ohne Arbeitslosigkeitserfahrungen häufiger von Depressionen (Männer: OR = 3,15; 95%-KI 2,40 – 4,14; Frauen: OR = 1,87; 95%-KI 1,53 – 2,29), rauchen häufiger (Männer: OR = 2,53; 95%-KI 2,12 – 3,02; Frauen: OR = 2,18; 95%-KI 1,88 – 2,52) und treiben seltener Sport (Männer: OR = 2,00; 95%-KI 1,66 – 2,42; Frauen: OR = 2,20; 95%-KI 1,89 – 2,56). Während die Anzahl der Arzt- und Krankenhausbesuche bei Arbeitslosen etwas häufiger sind als bei Erwerbstätigen ohne Arbeitslosigkeitserfahrungen, werden Maßnahmen zur Krankheitsfrüherkennung, wie z.B. Gesundheits-Check-Up, Krebsfrüherkennung oder Zahn-Vorsorgeuntersuchung, seltener in Anspruch genommen.

Schlussfolgerungen: Die dargestellten Zusammenhänge zeigen die gesundheitliche Benachteiligung von Männern und Frauen mit Arbeitslosigkeitserfahrungen im Vergleich zu Erwerbstätigen ohne Arbeitslosigkeitserfahrungen auf. Die Ergebnisse machen darauf aufmerksam, dass auch in Zeiten sinkender Arbeitslosenquoten Arbeitslose aufgrund ihrer erhöhten Krankheitslast und in einigen Bereichen riskanteren Gesundheitsverhaltens eine wichtige Zielgruppe für Präventionsmaßnahmen sind. Bei Männern ist der Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Gesundheit in den meisten Bereichen stärker als bei Frauen.