Zentralbl Chir 2016; 141 - A37
DOI: 10.1055/s-0036-1586302

Fallbericht einer Magenentleerungsstörung und eines hohen Ileus auf dem Boden einer gastralen Familiären juvenilen Polyposis bei einer jungen 33-jährigen Patientin

K Mankel 1, M Hecker 2, I Gockel 1
  • 1Uniklinik Leipzig, CH 2, Leipzig, Deutschland
  • 2Uniklinik Leipzig, Klinik für Gastroenterologie, Leipzig, Deutschland

Einleitung: Die Familiäre juvenile Polyposis (FJP) ist eine seltene, autosomal-dominate Erkrankung aus dem Formenkreis der hamartomatösen Polyposis-Syndrome mit einer sehr variablen Penetranz. In 98% der Fälle zeigen sich multiple (> 5) Polypen im kolorektalen Bereich. Deutlich seltener befinden sich multiple Polypen im Magen oder im Duodenum [1]. Bei etwa 50 – 60% der betroffenen Patienten lässt sich molekulargenetisch eine Keimbahnmutation im SMAD4 Gen oder im BMPR1A Gen nachweisen [2]. Patienten mit der Familiären juvenilen Polyposis haben ein deutlich erhöhtes Lebenszeitrisiko für die Entwicklung eines kolorektalen Karzinoms (39%) oder eines Magenkarzinoms (21%) [3]. Wir präsentieren eine Patientin mit einer ausgeprägten gastralen Ausprägung der familiären juvenilen Polyposis mit dem Bild eines hohen Ileus bei einer Magenentleerungsstörung bei einer ausgeprägten Distentsion des Magens auf Grund der multiplen Polypen.

Verlauf: Die Vorstellung der 33-jährigen Patientin erfolgte aus einem externen Krankenhaus mit progredienten Oberbauchschmerzen, rezidivierendem Erbrechen sowie einer ausgeprägten Eisenmangelanämie und einer laborchemisch nachweisbaren Hypoalbuminämie. Die Diagnose der FJP war bereits endoskopisch und mittels molekulargenetischer Untersuchung (Nachweis der SMAD4 Mutation) nachgewiesen worden. Die bei uns durchgeführte Gastroskopie zeigte multiple Polypen im gesamten Magen ohne die Möglichkeit einer endoskopischen Abtragung. Ein Malignom konnte nicht sicher ausgeschlossen werden (siehe Bild Anhang 1 und 2). Aufgrund der ausgeprägten klinischen Symptomatik und der Unmöglichkeit der endoskopischen Therapie wurde die Indikation zur operativen Versorgung gestellt.

Therapie: Es erfolgte die offene totale Gastrektomie mit einer Rekonstruktion nach Longmire-Gütemann mittels isoperistaltischem Dünndarmsegment und Ösophagojejunostomie (End-zu-Seit) und Jejuno-Duodenostomie (End-zu-End) und eine Jejuno-Jejunostomie (End-zu-End) sowie simultaner Cholezystektomie (Bild 3). Histopathologisch ergab sich ein Gastrektomiepräperat von mit einer Länge der großen Kurvatur von 76 cm. Die Schleimhautoberfläche wies einen Polypenrasen auf, welcher 95% der gesamten Oberfläche bedeckt. Hinweise auf Malignität ergaben sich nicht (Bild 4 und 5).

Diskussion: Durch die ausgeprägten gastralen Polypen kam es bei unserer Patientin zu einer gastralen Magenentleerungsstörung mit einer sekundären Distension des Magens und dem klinischen Bild eines hohen Ileus. Internationale oder nationale Leitlinien zu der Therapie der FJP gibt es nicht. Da aber auch nach endoskopischer Abtragung der Polypen diese rezidivierend auftreten können und diese sich auch im Duodenum nachweisen und dort maligne entarten können, erfolgte die operative Rekonstruktion nach Longmire-Gütemann mittels isoperistaltischem Dünndarmsegment um eine physiologische Passage zur weiteren endoskopischen Kontrolle zu gewährleisten.

Abb. 1

Abb. 2

Abb. 3

Referenzen:

[1] Höfting I, Pott G, Stolte M. Das Syndrom der Juvenilen Polyposis Coli. Leber Magen Darm. 23: 107 – 112. 1993.

[2] Calva-Cerqueira D1, Chinnathambi S, Pechman B, Bair J, Larsen-Haidle J, Howe JR. The rate of germline mutations and large deletions of SMAD4 and BMPR1A in juvenile polyposis. Clin Genet. Jan;75(1):79 – 85. 2009.

[3] Brosens LA, van Hattem A, Hylind LM, Iacobuzio-Donahue C, Romans KE, Axilbund J, Cruz-Correa M, Tersmette AC, Offerhaus GJ, Giardiello FM. Risk of colorectal cancer in juvenile polyposis. Gut.;56:965 – 967. 2007.