Zentralbl Chir 2016; 141 - A33
DOI: 10.1055/s-0036-1586298

Folgen und Therapieoptionen einer Dens axis Fraktur mit Aneurysma der A. vertebralis – ein Fallbericht

J Ohde 1, S Mutze 2, M Kreutzträger 1, M Kopp 3, T Liebscher 1
  • 1Unfallkrankenhaus Berlin, Behandlungszentrum für Rückenmarkverletzte, Berlin, Deutschland
  • 2Unfallkrankenhaus Berlin, Institut für Radiologie und Neuroradiologie, Berlin, Deutschland
  • 3Campus-Mitte Charité Universitätsmedizin Berlin, Klinik und Poliklinik für Neurologie & Experimentelle Neurologie, Berlin, Deutschland

Fragestellung: Bis zu 35% aller Frakturen im Bereich HWK 1 – 3 sind mit einer Verletzung der A. vertebralis assoziiert. Die Gefäßverletzung kann zum Tod führen. Die gold standard Diagnostik ist die Kontrastmittel-CT- und Time of flight-MRA-Untersuchung. Die Therapiemöglichkeiten richten sich nach der Art der Gefäßverletzung.

Wir stellen einen extrem seltenen Fall vor, wo nach einer konservativen Therapie einer Dens axis Fraktur mit einer einseitigen Dissektion der A. vertebralis eine Pseudarthrose der Fraktur und ein progredientes Aneurysmas spurium des Gefäßes auftrat und stellen die Therapieoptionen vor.

Methoden: Retrospektive Falldarstellung der Therapieoptionen und des Outcomes. 74-jähriger Patient, Judokalehrer, welcher sich bei einem Treppensturz eine Fraktur der Basis des Dens axis mit begleitender Bogenfraktur sowie Beteiligung des Foramen transversarium links mit Dissektion der Arteria vertebralis links und epiduralen intraspinalen Hämatom auf Höhe HWK 6 bis BWK 2 ohne Myelopathiezeichen zuzog. Neurologische Symptome bestanden zu keinem Zeitpunkt.

Ergebnisse: Initial wurde aufgrund der günstigen Frakturstellung eine Ruhigstellung der HWS mittels Miami-J-Collar durchgeführt. Der Wechsel von einer prophylaktischen auf eine therapeutische Antikoagulation mit NMH erfolgte 30 Tage nach Unfall mit fehlendem MRT-Nachweis des intraspinalem-epiduralem Hämatoms.

Im Rahmen regelmäßiger Kontrollen zeigte sich nach 6 Monaten eine Pseudarthrosenbildung und ein progredientes Aneurysma spurium links oberhalb der ehemaligen Dissektion (Abb. 1).

Eine interventionelle Okklusion des Aneurysmas war aufgrund der Größe von 20 × 10 × 8 mm nicht möglich. Es erfolgte die dorsale Spondylodese von Occiput bis HWK 4. 1,5 Monate später wurde nach positiver Responder-Testung auf Plavix und ASS die Stentung des Aneurysmas mit einem Flow diverters durchgeführt. Eine duale Plättchenhemmung wird mit Clopidogrel (6 Monate) und ASS (lebenslang) geführt. Die stationäre Behandlung dauerte 21 (Wirbelsäulen-OP) und 8 Tage (Stenteinlage) und erfolgte ohne behandlungsassoziierte Komplikationen.

In einer Verlaufskontrolle 3 Monate postoperativ zeigten sich eine beginnende knöcherne Konsolidierung und eine korrekte Lage des Stents (Abb. 2). Der Patient war beschwerdefrei. Eine Materialentfernung ist 12 Monate postoperativ geplant.

Abb. 1

Abb. 2

Schlussfolgerungen: Ein posttraumatisches Aneurysma spurium kann bei einer Pseudarthrose im Bereich des Foramen transversariums durch Bewegung im Frakturspalt auftreten. Eine frühzeitige wirbelsäulenchirurgische Stabilisierung sollte in diesen Fällen bevorzugt werden. Grundsätzlich sollten die Behandlungsoptionen dieses komplexen Krankheitsbildes interdisziplinär festgelegt werden.