Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P41
DOI: 10.1055/s-0036-1583814

Frühe intrauterine Transfusion vor 20 + 0 Schwangerschaftswochen bei Feten mit schwerer Anämie durch Parvovirus B 19 Infektion

A Hellmund 1, C Berg 1, 2, A Geipel 1, A Becker 3, R Bald 3, U Gembruch 1
  • 1Abteilung für Geburtshilfe und Pränatale Medizin, Universitätsklinik Bonn
  • 2Abteilung für Pränatale Medizin und gynäkologische Sonografie, Universitätsklinik Köln
  • 3Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Klinikum Leverkusen

Zielsetzung:

Eine Infektion des Feten mit Parvovirus B 19 vor der 20. Schwangerschaftswoche führt in ca. 3,9% zu fetalem Hydrops und in 9% der Fälle zum intrauterinen Fruchttod. Überlebensraten von schwer anämischen, infizierten Feten nach intrauteriner Transfusion (IUT) werden mit 67 – 80% beschrieben. Zusätzlich zu der schweren Anämie komplizieren häufig eine Thrombozytopenie und ggf. eine Myokarditis die intrauterine Behandlung. Zudem kann die behandlungsbedürftige Anämie schon im frühen zweiten Trimenon auftreten, und erhöhte Komplikationsraten für Transfusionen vor der 20. Schwangerschaftswoche sind für Feten mit Rhesusinkompatibilität beschrieben worden.

In der vorliegenden Studie wird erstmals die Gruppe schwer anämischer Feten mit Parvovirus B 19 Infektion, die vor der 20. Schwangerschaftswoche eine erste Transfusion benötigt, bezüglich Komplikationsrate bei IUT und perinatalem Überleben evaluiert.

Methoden und Patienten:

In unserer retrospektiven Studie wurden 56 Feten, die aufgrund einer schweren Infektion mit Parvovirus B 19 eine Transfusion vor 20 + 0 SSW benötigten, in zwei Perinatalzentren zwischen 2002 und 2015 erfasst. Der Zeitpunkt der ersten IUT wurde aufgrund der MCA-PSV-messung > 1,5 MOM und/oder dem Vorliegen eines Hydrops fetalis festgelegt. Das Schwangerschaftsalter bei erster IUT, maternale Charakteristika, fetale Hämoglobinkonzentration und Thrombozytenzahl sowie das Vorliegen eines fetalen Hydrops wurden mit Komplikationen, die im Rahmen der IUT auftraten, IUFT in Folge und perinatalem Überleben korreliert.

Resultate:

94 intrauterine Transfusionen wurden bei 56 Feten durchgeführt. Alle Feten erhielten die erste IUT vor der 20 + 0 SSW [Mean: 16 + 6, Range: 13 + 0 – 19 + 6 SSW]. Ein IUFT trat in 11 Fällen auf (19,6%), 7 wurden während der IUT beobachtet und als direkt procedure-related klassifiziert, 4 IUFTs traten in Folge auf (nicht direkt procedure-related), ein Elternpaar entschied sich für die Beendigung der Schwangerschaft nach erfolgreicher IUT und 44 Lebendgeburten wurden ermittelt. Ein Hydrops des Feten wurde in 37% (21/56) der Fälle beschrieben und war signifikant mit IUFT korreliert (P= 0,001). Die mittlere Hämoglobinkonzentration, in 46 Fällen verfügbar, war niedriger [2,57 g/dl (0,3 – 4,4 g/dl) vs. 5,2 g/dl (1,0 – 10,4 g/dl)] und eine schwere Thrombozytopenie < 50.000/µl (in 36/56 Fällen vorhanden) war häufiger [ 60% (3/5) vs. 22,6% (7/31)] bei den intrauterin verstorbenen Feten verglichen mit den Lebendgeborenen, allerdings nicht statistisch signifikant (P= 0,452 and P= 0,112). Eine Lokalisation der Plazenta an der Hinterwand fand sich häufiger in Fällen mit IUFT (72,7% vs. 40,9%, P= 0,06). Feten, die vor 16 + 0 SSW ihre erste IUT erhielten (n = 15) unterschieden sich bezügl. IUFT, Hydrops und Hämoglobinkonzentration vor erster IUT nicht von den Feten, die zwischen 16 + 0 und 19 + 6 SSW transfundiert wurden (P= 0,443, 0,534 and 0,349), allerdings benötigten sie tendenziell mehr serielle Transfusionen (P= 0,088). Mittleres Gestationsalter bei Entbindung der Lebendgeborenen war 38,2 (Range: 33 – 41) SSW, eine Wachstumsrestriktion unter der 10. Perzentile trat mit 25% auf [mittleres Geburtsgewicht: 3045 g (1640 – 4100 g)], keines der Neugeborenen hatte einen 5 min. APGAR< 7.

Diskussion:

Trotz einer schwerwiegenden Infektion mit Parvovirus B 19 und konsekutiv auftretender Anämie und Thrombozytopenie können auch frühe Fälle vor der 20. SSW mittels intrauteriner Transfusion erfolgreich behandelt werden. Die Überlebensraten entsprechen en trotz erschwertem Zugang zur fetalen Zirkulation bei kleineren Gefäßstrukturen derjenigen, die auch für später transfundierte Feten beschrieben werden.