Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P33
DOI: 10.1055/s-0036-1583806

Erfolgreiches interdisziplinäres Management eines Kindes mit Steißbeinteratom und pränataldiagnostisch negativen Prognosefaktoren (solider Tumor, Typ II nach Altmann, kardiale Dekompensation mit generalisiertem Hydrops in der 29 SSW)

H Hürter 1, S Gfrörer 2, B Wittekindt 2, F Fornoff 1, F Louwen 1
  • 1Abteilung für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Universitätsklinikum Frankfurt am Main, Goethe- Universität
  • 2Klinik für Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Frankfurt am Main, Goethe- Universität; Zentrum der Kinder- und Jugendmedizin, Neonatologie und Zentrum für angeborene Fehlbildungen, Universitätsklinikum Frankfurt am Main, Goethe- Universität

Einführung:

Das fetale Steißbeinteratom ist mit einer Inzidenz von ca. 1:40.000 Lebendgeburten der häufigste Keimzelltumor des Neugeborenen. Weibliche Feten sind 3-fach häufiger betroffen als männliche. Sonographisch lässt sich die Diagnose pränatal stellen und Prognose sowie das weitere Management differenziert beschreiben. Als prognostisch ungünstig gelten v.a. zystische Tumoren mit einem Tumormorphologie-Score ≥3, Tumor volume-to-fetale weight ratio > 0.12 vor 24 SSW bzw. > 0.11 vor 32 SSW, eine Tumorgröße > 10 cm, ein schnelles Tumorwachstum, ausgeprägte Tumorvaskularisierung, Zeichen der fetalen Herzinsuffizienz (Kardiomegalie, erhöhter Preload-Index, Hydrops fetalis) sowie Hydramnion und Plazentaödem.

Trotz verbesserter Diagnostik bleibt die perinatale Mortalität hoch und die Überlebensraten liegen bei ausgeprägtem Hydrops fetalis bei < 10%. Umso wichtiger ist daher die Terminierung der Entbindung unter Abwägung des Risikos der Frühgeburtlichkeit und ein interdisziplinäres Setting, um die individuelle Prognose des Kindes zu verbessern.

Fallbericht:

Übernahme einer 32-j. IIG/IP in 28+6 SSW bei Hydrops fetalis. In der 20. SSW unauffälliger sonografischer Befund ohne Anhalt für fetale Fehlbildungen beim betreuenden Gynäkologen. Im 3. Screening in der 29. SSW zeigt sich ein ausgeprägter Hydrops fetalis und somit die Verlegung in unsere Klinik. Im Ultraschall bei Aufnahme neben des Hydrops fetalis Darstellung einer 10 × 10 × 8 cm stark vaskularisierten Raumforderung vom Steißbein ausgehend, vorwiegend extrakorporal gelegen (Steißbeinteratom Typ II). Beginn der RDS-Prophylaxe und Indikation zur primären Sectio bei zunehmend kardialer Verschlechterung des Feten in 29+0 SSW.

Verlauf:

Geburt eines apnoeischen Neugeborenen, ♀, APGAR 7/8/8, NapH 7,32, 1770 g, initial kreislaufinstabil, zunächst medikamentöse Stabilisierung. Am 6. Lebenstag erstmals klinisch stabil und operative Entfernung eines unreifen Teratoms von 327 g im Gesunden unter Mitnahme des Steißbeins. Am 11. Lebenstag Extubation und rasche Stabilisierung des klinischen Zustands. Am 31. Lebenstag Entlassung in die ambulante Betreuung in gutem AZ mit vollständig enteralem Kostaufbau.

Schlussfolgerung:

Auch mit negativen Prognosefaktoren kann ein pränatal diagnostiziertes Steißbeinteratom ein gutes fetales Outcome zeigen. Entscheidend hierfür ist, die Indikation zur Entbindung rechtzeitig zu stellen und eine optimale interdisziplinäre Versorgung durch Neonatologen und Kinderchirurgen zu gewährleisten.