Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P13
DOI: 10.1055/s-0036-1583786

Tageszeit abhängige Variation der fetalen Kurzzeitvariation und Einfluss von Intervall-Messungen auf die Messgenauigkeit

G Seliger 1, D Petroff 2, S Seeger 3, D Hoyer 4, M Tchirikov 1, U Schneider 4
  • 1Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Halle (Saale)
  • 2Universität Leipzig, Koordinierungszentrum für Klinische Studien Leipzig, Leipzig
  • 3St. Elisabeth Krankenhaus, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Halle (Saale)
  • 4Universität Jena, Abteilung für Geburtshilfe, Universitäts-Frauenklinik, Jena

Zielsetzung: Das 1991 durch Dawes und Redman (DR) eingeführte, computerisierte sog. OXFORD-Kardiotokogramm (OXF-CTG) und insbesondere der Schlüsselparameter – die Kurzzeitvariation (KZV) – werden in der klinischen Routine eingesetzt, um den Entbindungszeitpunkt von Feten mit Wachstumsrestriktion (IUGR) festzulegen. Studien zu Veränderungen der KZV – gemessen in unterschiedlichen Stadien der Schwangerschaft bzw. im Zusammenhang mit fetalen bzw. maternalen Pathologien liegen vor. Es fehlen Studien, welche die Tageszeit abhängigen Veränderungen der KZV untersuchen. Unklar ist zudem, wie valide Einzelmessungen der KZV sind?

Patienten und Methoden: In einer prospektiv angelegten Beobachtungsstudie wurden stündlich KZV-Messungen mittels AN24 fetalem EKG Monitor (Monica Healthcare) über eine Dauer von mindestens 10h durchgeführt. Variable Anfangszeiten der KZV-Aufzeichnungen sichern die Erstellung einer 24h-KZV-Datenbasis und somit die Tageszeit abhängige Betrachtung der KZV.

Resultate: Bei 70 gesunden Feten (Median 37. SSW) wurde eine OXF-CTG-Aufzeichnung über durchschnittlich 12 Stunden durchgeführt. Die Normalverteilung der KZV-Daten ermöglicht ein Modellrechnung auf der Basis einer Annahme für die KZV von gesunden (9,6 ± 2,6 ms) und kranken Feten (3,0 ± 0,5 ms).

Wird in einem Kollektiv (1% Prävalenz kranker Feten) ein pathologischer KZV-Wert gemessen, steigert eine 2. Messung im Intervall den PPW von 68% auf 80%. Dieser Effekt fällt schwächer aus, wenn die 2. Messung unmittelbar der 1. Messung folgt. Abhängigkeiten von der Tageszeit für die KZV wurden nicht beobachtet.

Diskussion: Die nahezu Tageszeit-unabhängige Bestimmung der KZV ist ein Vorteil der OXF-CTG-Analyse nach DR. Sie erlaubt die zeitunabhängige, robuste Messung eines wichtigen fetalen Zustandsparameters (KZV). Der positiv prädiktive Wert eines pathologischen KZV-Wertes ist von der Wahrscheinlichkeit abhängig, mit der eine Pathologie zu erwarten ist (der Prävalenz „kranker“ Feten): Je geringer das Risiko/die Prävalenz, desto eher sollte ein auffälliger KZV-Wert durch eine Kontrolle im Intervall abgesichert werden (siehe Beispiel bei 1% Prävalenz). So kann u.U. vermieden werden, dass ein übereilter Entschluss zur vorzeitigen Entbindung fällt und ein IUGR-Fetus wertvolle intrauterine Reifetage verliert. Insbesondere vor dem Hintergrund der neuen Methoden zur KZV-24h-Dauerüberwachung (z.B. AN24 EKG Monitor) sollte eine Überbewertung von pathologischen KZV-Werten ausgeschlossen werde.