Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - A40
DOI: 10.1055/s-0036-1583591

Lungenembolie in der Schwangerschaft – Eine tickende Bombe, die versierte Diagnostik und schnelles Handeln bedarf

J Leitert 1, E Yokota 1, S Seeger 1
  • 1Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am KH St. Elisabeth und St. Barbara

Mit einer Mortalitätsrate von 20 – 30% ist die Lungenembolie (LE) eine der bedrohlichsten Krankheiten in der Schwangerschaft und Postpartalperiode. Jährlich lassen sich 700 – 1400 thromboembolische Ereignisse bei Schwangeren nachweisen.

Die Abgrenzung schwangerschaftsbedingter physiologischer Veränderungen von den variierenden Symptomen der LE stellt im Klinikalltag eine große Herausforderung dar. So klagen beispielsweise ca. 70% der Schwangeren über gelegentliche Dyspnoe. Bei singulärem oder kombiniertem Vorkommen folgender Symptome besteht der dringende Verdacht auf eine mögliche LE: akute Dyspnoe, pleuraler Schmerz und Hämoptysis. Differenzialdiagnostisch kommen neben Herzfehlern auch Pneumothorax und Pneumonie in Betracht.

Bei bestehendem Verdacht ist eine schnelle und effiziente Diagnostik unabdingbar. Die D-Dimer Bestimmung ist in der Schwangerschaft sehr eingeschränkt verwertbar. Eine initiale Duplexsonografie sollte, bei geringer Koexistenz einer Beinvenenthrombose (9%), nur bei klinischen Symptomen durchgeführt werden.

Die American Thoracic Society und die Society of Thoracic Radiology publizierten 2011, unter Risiko- und Nutzenabwägung einen Algorithmus zur Diagnostik von Lungenembolien in der Schwangerschaft:

  • Röntgen-Thorax: Hierbei können einige Differentialdiagnosen mitbeurteilt und die weiterführende Diagnostik festgelegt werden. Nur bei unauffälligem Röntgen-Thorax und bestehender Untersuchungsmöglichkeit sollte die nachfolgende Untersuchungsmethode gewählt werden.

  • Ventilations-/Perfusions-Szintigrafie (in Anlehnung an die PIOPED II-Studie)

  • computertomografisch-gestützte Pulmonalangiografie.

Das therapeutische Vorgehen bei Vorliegen eines thromboembolischen Ereignisses hängt von den bestehenden Nebenerkrankungen, dem aktuellen Blutungsrisiko sowie dem Schweregrad der Erkrankung ab. Die Therapie mit Heparin wird in der Schwangerschaft bevorzugt.

Eine aktuelle Kasuistik einer 37-jährigen Erstgravida soll sie erneut für dieses Krankheitsbild sensibilisieren. Sie stellte in der 31. SSW mit akuter Dyspnoe und Lippenzyanose vor. In der Computertomografie wurde eine beidseitige Lungenarterienembolie der großen abgangsnahen Gefäße dargestellt. Unter intensivmedizinischer Überwachung, i.v. Heparinisierung und nichtinvasiver Beatmung, stabilisierte sich der Allgemeinzustand. Duplexsonographisch konnte eine Kragenkopfthrombose der V. saphena magna diagnostiziert werden, so dass bei weiterhin persistierender Rechtsherzbelastung eine chirurgische Thrombektomie erfolgte. Der weitere Schwangerschaftsverlauf gestaltete sich unauffällig. Der voraussichtliche Entbindungstermin ist der 23.04.2016.