Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - A34
DOI: 10.1055/s-0036-1583585

Subjektiv abnehmende Kindsbewegungen – Ausdruck eines fetomaternalen Transfusionssyndroms

A Blumrich 1, S Meinig 1, HJ Bittrich 2, G Naumann 1
  • 1Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Helios Klinikum Erfurt
  • 2Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Helios Klinikum Erfurt

Die Vorstellung der 30-jährigen III.-Gravida II.-Para erfolgte in der 34+4. SSW wegen seit zwei Tagen fehlender Kindsbewegungen. Bei Aufnahme zeigte sich ein eingeengtes CTG. Sonografisch ließ sich eine zeitgerechte fetale Biometrie bei unauffälliger Fruchtwassermenge messen. In der Dopplersonografie zeigte sich eine tiefe A-Welle im Ductus venosus und eine grenzwertig erhöhte Vmax der Arteria cerebri media, sonst ein unauffälliges Dopplerflussprofil. Bei weiter silentem CTG erfolgte die eilige Sectio caesarea, auf Wunsch der Mutter in ITN, mit der Entwicklung eines eutrophen, extrem blassen, weiblichen Neugeborenen (APGAR 1/2/2, pHa7,15, pHv 7,26). Bei initialem Hb-Wert von 1,3 mmol/l wurden Notfalltransfusion und Volumenersatz durchgeführt und die kontrollierte Hypothermie eingeleitet. Im mütterlichen Blut konnte bei einem Hb-Wert von 9,1 mmol/l und einem Hämatokrit von 0,42 l/l ein HbF-Anteil von 9,5% nach Kleihauer-Betke-Test nachgewiesen werden. Elektroenzephalografisch war im Verlauf eine schwere beidseitige Funktionsstörung des Kortex nachweisbar. Bei regelrechter Saug-Schluck-Koordination konnte am 7. Lebenstag die Entlassung nach Hause erfolgen. Regelmäßige entwicklungsneurologische Untersuchungen werden durchgeführt.

Ein präpartaler Übertritt von fetalem in das maternalen Blutsystem kann bei ca. 50% der Schwangerschaften nachgewiesen werden. Dabei unterscheidet man je nach Anteil des HbF im mütterlichen Blut zwischen einer physiologische Mikrotransfusion (HbF < 0,1‰) und der pathologischen Makrotransfusion. Diese tritt mit einer Inzidenz von 0,09 – 0,45% auf und führt zu einer lebensbedrohlichen Gefährdung des Feten bzw. Neugeborenen. Ursachen dafür können beispielsweise eine Präeklampsie, eine Störung der plazentaren Mikroarchitektur, sowie traumatisch oder iatrogen bedingt sein. Wir berichteten über den Fall einer schweren fetomaternalen Transfusion mit intrauteriner Hypoxie ohne vorangegangenes Trauma.