Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - A22
DOI: 10.1055/s-0036-1582188

Früher Haut zu Haut Kontakt nach Kaiserschnitt – eine randomisierte klinische Pilotstudie

M Kollmann 1, A Scheuchenegger 2, L Aldrian 1, S Herzog 3, E Mautner 1, U Lang 1, B Urlesberger 2, B Obermayer-Pietsch 4, RB Raggam 5, P Klaritsch 1
  • 1Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Medizinische Universität Graz
  • 2Klinische Abteilung für Neonatologie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Graz
  • 3Institut für Medizinische Informatik Statistik und Dokumentation (IMI), Medizinische Universität Graz
  • 4Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel, Universitätsklinik für Innere Medizin, Medizinische Universität Graz
  • 5Klinisches Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik, Medizinische Universität Graz

Fragestellung: In den letzten Jahrzehnten kam es in Österreich sowie weltweit zu einem deutlichen Anstieg der Kaiserschnittrate. Unter bonding bzw. early skin-to-skin contact (SSC) versteht man die Phase der Bindungsentwicklung zwischen Mutter und Kind, welche idealerweise gleich nach der Geburt beginnt. Mögliche Argumente gegen die Einführung des bonding auch nach dem Kaiserschnitt im Operationssaal sind neben des organisatorischen Aufwands (Änderung des etablierten Ablaufes) auch das zu verändernde Ambiente im Operationssaal (Temperatur, Helligkeit, Lärm). Im Rahmen dieser Studie sollten Effekte des frühen SSC nach einer Schnittentbindung auf die Mutter und das Neugeborene evaluiert werden. Methodik: Im Rahmen einer prospektiven randomisierten Pilotstudie wurden 35 Frauen eingeschlossen. Es erfolgte eine Randomisierung in eine ‚early bonding' Gruppe (n = 17) und eine ‚late bonding' Gruppe (n = 18). Outcome Parameter waren die neonatale Transition (Apgar score, arterielle Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz und Körpertemperatur), das mütterliche Schmerzverhalten und die mütterliche und neonatale Stressverarbeitung. Hierzu wurde die Ausschüttung von Cortisol und Alphaamylase im Speichel gemessen. Ergebnisse: Die kindliche Adaptation, Cortisol Werte und mütterliche Schmerzverarbeitung zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Der Anstieg von Alphaamylase direkt nach der Entbindung war in der ‚early bonding' Gruppe signifikant höher als in der ‚late bonding' Gruppe (p = 0,004). Schlussfolgerung: Sectiobonding kann – ohne negative Effekte auf die kindliche Adaptation – angeboten werden. Der Anstieg von Alphaamylase direkt nach der Entbindung weist möglicherwiese auf eine positive Stressreaktion durch den frühen Hautkontakt hin. Größere prospektive Studien sind notwendig um die Ergebnisse zu bestätigen.