Z Gastroenterol 2016; 54 - F8
DOI: 10.1055/s-0036-1582095

Langzeitüberleben bei lokal fortgeschrittenem Adenokarzinom des Magens – ein Fallbericht

I Ionascu 1, N Reißmann 1, R Schlag 2, W Scheppach 1
  • 1Medizinische Klinik, Schwerpunkt Gastroenterologie/Rheumatologie, Juliusspital Würzburg
  • 2Onkologische Schwerpunktpraxis Würzburg

Die mediane Überlebenszeit bei Patienten mit Magenkarzinom ist vom Stadium der Erkrankung bei Diagnosestellung abhängig und variiert zwischen 22 Monaten im Stadium UICC I und 5,4 Monaten im Stadium UICC IV. In diesem Kollektiv mit generell ungünstiger Prognose fallen einzelne Patienten mit Langzeitüberleben auf, wie der vorliegende Fallbericht zeigt.

Berichtet wird über eine zum Zeitpunkt der Primärdiagnose (2007) 69-jährige Patientin. Bei ihr wurde gastroskopisch eine semizirkuläre Infiltration des Magenantrums durch ein muzinöses Adenokarzinom diagnostiziert. Das endosonographische Staging ergab ein T2-Stadium, in der abdominellen und thorakalen Computertomografie fand sich kein Anhalt für eine Fernmetastasierung. Unter Verzicht auf eine neoadjuvante Chemotherapie wurden im März 2007 eine Gastrektomie mit Rekonstruktion nach Y-Roux und eine D2-Lymphknotendissektion durchgeführt. Bei der pathologischen Aufarbeitung des Resektats zeigte sich ein Tumorstadium pT2b, pN3, G3, MX, R0 (Metastasen in 13 von 16 Lymphknoten, ausgedehnte peritumoröse Lymph- und Blutgefäßeinbrüche, karzinomfreies Omentum). Im September 2008 wurde ein retroperitoneales Lymphknotenrezidiv an der A. mesenterica superior diagnostiziert, im September 2012 eine solitäre Lebermetastase im Segment 6.

In der Zeit zwischen 2007 und 2012 wurden insgesamt acht Zyklen des PLF-Protokolls (Cisplatin/Leukovorin/5-FU) nach Wilke appliziert, danach neun Zyklen des FLOT-Protokolls. Die Patientin sprach dabei jeweils mit einer Partialremission auf die Chemotherapeutika an. Eine Therapie mit Trastuzumab kam bei Negativität des Her2-neu Rezeptors nicht in Frage. In der Therapiepause seit Mai 2015 zeigte sich eine Größenkonstanz sowohl der mittlerweile verkalkten Lymphknotenmetastase als auch der Lebermetastase. Die Lebensqualität der nunmehr 77-jährigen Patientin ist befriedigend. Bei einem neuerlichen Tumorprogress stehen das früher wirksame FLOT-Protokoll und der innovative VEGF-Antikörper Ramucirumab zur Auswahl.

Dieser ungewöhnliche Krankheitsverlauf zeigt, dass mutmaßlich in Abhängigkeit von der Tumorbiologie ein Langzeitüberleben beim metastasierten Magenkarzinom vorkommt und dass in Analogie zum Kolonkarzinom der sequentielle Einsatz verfügbarer Chemotherapeutika sinnvoll ist.