Gesundheitswesen 2016; 78 - V54
DOI: 10.1055/s-0036-1578869

Evaluation von Fördermaßnahmen in Kindertageseinrichtungen im Landkreis Biberach – eine Analyse von Daten aus der Einschulungsuntersuchung Baden-Württemberg

U Hart 1, M Wildner 2, D Krämer 3, C Alexander 4
  • 1Gesundheitsamt Biberach, Biberach
  • 2Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), Oberschleißheim
  • 3Landesinstitut für Schulentwicklung BW, Stuttgart
  • 4Institut für Informatik Biometrie Epidemiologie, Ludwig-Maximilians-Universität München, München

Zusammenfassung: Ziel: Anhand von Daten der Einschulungsuntersuchung (ESU) wird der Zusammenhang zwischen Fördermaßnahmen im Bereich Sprache, Mathematik und Singen und kindlichem Entwicklungsstand in den 161 Kindertageseinrichtungen des Landkreises Biberach untersucht. Methodik ESU-Daten der Einschulungsjahrgänge 2011 – 2014 (Kinder untersucht in den Schuljahren 2008/09 – 2012/13) aus dem Landkreis Biberach werden mittels multipler linearer Regression analysiert (N = 7 148 Kinder) und deskriptiv mit denen des Landes Baden-Württemberg (N = 3 × 80 000 Kinder) verglichen. In einer Querschnittsanalyse des Einschulungsjahrganges 2014 im Landkreis Biberach (N = 1 783 Kinder) wird der Zusammenhang zwischen Förderangeboten und Entwicklungsstand mittels einer logistischen Regression untersucht. Ergebnisse: In den Entwicklungsbereichen Sprache, frühe Mathematik sowie visuelle Wahrnehmung und Visuomotorik ergeben sich vom Einschuljahrgang 2011 bis 2014 statistisch signifikante Leistungsverbesserungen, nicht im Bereich Grobmotorik. Der Leistungszuwachs entspricht im Bereich Sprache 3,0 – 7,0 Entwicklungsmonaten eines vier- bis fünfjährigen Kindes, im Bereich frühe Mathematik 1,7 Monaten und im Bereich Visuomotorik (DP1) 5,0 Monaten. Mathematikförderung ist mit günstigeren Entwicklungsprofilen verbunden. Kinder mit Singförderung unterscheiden sich nicht von Kindern ohne Singförderung. Kinder in Sprachfördergruppen haben nach sechsmonatiger Förderung, wie zu erwarten, immer noch ein größeres Risiko für Sprachdefizite (OR 3,32 [2,57 – 4,28] für grammatische Kompetenz). Sie fallen aber auch in anderen Bereichen, v.a. im Verhalten häufiger auf (Hyperaktivität OR 3,08 [2,12 – 4,46]). Schlussfolgerung: Die Analysen von Daten aus der Einschulungsuntersuchung ergeben signifikante Leistungsverbesserungen für die Kinder aus dem Landkreis Biberach und damit Hinweise auf ein positives Einwirken eines „Biberacher Förderfaktors“. Die Effektstärken entsprechen denen, die die aktuelle Forschung für Kindertageseinrichtungen mit hoher pädagogischer Qualität berichtet. Schlüsselworte: frühkindliche Entwicklung, institutionelle Betreuung, Sprachförderung, Mathematikförderung, Einschulungsuntersuchung.