Gesundheitswesen 2016; 78 - V52
DOI: 10.1055/s-0036-1578867

Multiresistente Erreger in der außerklinischen Intensivpflege

S Gleich 1, L Horvath 1, D Böhm 1
  • 1Landeshauptstadt München, Referat für Gesundheit und Umwelt, Hauptabteilung Gesundheitsschutz Abteilung Hygiene und Umweltmedizin RGU-GS-HU-IHM, München

Hintergrund: Durch den medizinisch-technischen Fortschritt und die verkürzte Klinikverweildauer nimmt die Gruppe langzeitbeatmeter bzw. intensivpflegebedürftiger Menschen ständig zu. Um diese Patienten im ambulanten Sektor versorgen zu können, hat sich in den letzten 15 Jahren die außerklinische Intensivpflege (AKI) als neue Versorgungsform etabliert.

In Europa kommen auf 100.000 Einwohner 6,6 heim- oder langzeitbeatmete Personen, d.h. Menschen, die in ihrer häuslichen Umgebung beatmet werden.

Im Stadtgebiet München wurden im November 2014 bei einer Einwohnerzahl von 1,49 Millionen 2 192 intensivpflegebedüftige Klienten betreut. Dies entspricht einer deutlich über dem europaweiten Durchschnitt liegenden Rate von 12,8 pro 100.000 Einwohner.

Material/Methode: Vom 4. – 12. November 2014 wurde durch eine Ärztin und eine Hygienefachkraft in Weiterbildung ein standardisiertes Telefoninterview mit allen 25 Anbietern von AKI im Stadtgebiet München durchgeführt. Dabei wurde ein vom RGU speziell für diesen Zweck erarbeiteter Fragebogen eingesetzt. Dieses Telefoninterview wurde vorab schriftlich angekündigt und der Fragebogen gleichzeitig zugesendet, um den Pflegediensten eine gezielte Vorbereitung zu ermöglichen. Neben grundsätzlichen Fragen zum Hygienemanagement und Personalschutz wurde erhoben, ob bei Übernahme eines Klienten durch den Pflegedienst ein Screening auf MRE erfolgt. Ebenso wurde abgefragt, wie viele Klienten mit bekanntem MRE am Erhebungstag (Punktprävalenz) versorgt wurden. Ergebnisse: Im Stadtgebiet München bieten insgesamt 25 Pflegedienste Leistungen der außerklinischen Intensivpflege an und betreuen insgesamt 192 Klienten. Davon leben 110 zu Hause und werden dort von 18 Pflegediensten mit dem 1:1 Versorgungsschlüssel betreut. Insgesamt 82 intensivpflegebedürftige Klienten leben in 18 Wohngemeinschaften und werden von 10 Pflegediensten betreut. Hygieneplan/Hygienestandards/PSA. Alle Pflegedienste verfügen über einen eigenen Hygieneplan, das ist dem RGU aus den vorangegangenen Begehungen bekannt. Bei allen Pflegediensten (100%), die Klienten in der häuslichen Einzelversorgung oder in Wohngemeinschaften betreuten, waren für das Personal MRSA- und MRGN Standards vor Ort verfügbar.

Alle Pflegedienste (100%) gaben an dem Personal PSA (Mund-Nasenschutz, Schutzkittel, Einmalhandschuhe, flüssigkeitsdichte Schürzen) zur Verfügung zu stellen. Häusliche Einzelversorgung Ein Aufnahmescreening zu MRSA und MRGN führen 44% der Pflegedienste durch. Von diesen waren 9% mit MRE kolonisiert. Diese 9% MRE-Nachweise verteilten sich wie folgt: 83% MRSA, 17% 3MRGN-Nachweis. Kein Klient war mit einem 4MRGN kolonisiert.

Wohngemeinschaften (WG). In 14 von 18 WGs (78%) wird bei Übernahme einer Versorgung ein Aufnahmescreening auf MRSA und MRGN durchgeführt. Von diesen 78% hatten 53% einen MRE-Nachweis. Diese MRE-Nachweise verteilten wie folgt: 34% MRSA, 53% 3MRGN 13% 4MRGN. Kein Pflegedienst gab eine Mehrfachkolonisation eines Klienten an. Fazit: Die hohe MRE Rate zeigte, dass gerade in den Wohngemeinschaften ein Aufnahmescreening auf MRE, eine gute Hygieneorganisation und ein korrektes Hygienemanagement nötig sind. Regelmäßige Hygieneschulungen des Personals, der Klienten und der Betreuer sind zwingend erforderlich. Hygienefachpersonal, welches eine Risikoeinschätzung der Klienten durchführen kann ist dringend nötig, weil die Klienten häufig mit anderen abwehrgeschwächten Klienten in Kontakt kommen z.B. in Wohngemeinschaften, Schulen oder Werkstätten. Verschiedene Gesetze (PflegeWoqG) und TRBA 250 überschneiden sich, einheitliche Standards und Hygienevorgaben existieren nicht. Gute Basishygiene, eine gute Hygieneorganisation sowie ein Aufnahmescreening der Klienten verhindern die Übertragung von MRE. Einheitliche, aufeinander abgestimmte, gesetzliche Vorgaben sind dazu nötig.