Gesundheitswesen 2016; 78 - V22
DOI: 10.1055/s-0036-1578837

Hitzewellen und Mortalität in Frankfurt 2003 – 2015 – Ist ein Effekt der Hitzewarnsystems und des Hitzeaktionsplans erkennbar?

U Heudorf 1, M Grünewald 2
  • 1Gesundheitsamt, Infektiologie und Hygiene, Frankfurt am Main
  • 2Gesundheitsamt Frankfurt am Main, Frankfurt

Hintergrund: Nach der Hitzewelle im August 2003 mit mehr als 70.000 Toten in West-Europa wurden in vielen Ländern Hitzewarnsysteme und Hitzeaktionspläne etabliert, auch in Deutschland. In dem Beitrag sollen die Auswirkungen dieser Pläne auf die Mortalität in Frankfurt am Main während Hitzewellen in den darauffolgenden Jahren bis 2015 dargestellt werden – auch vor dem Hintergrund der Literatur, wonach die Luftbelastung während der Hitzewellen einen zusätzlichen Einfluss auf die Mortalität hat. Material und Methode: Die Sterbefälle in Frankfurt am Main wurden von dem Hessischen statistischen Landesamt (2003 – 2013) resp. direkt vom Standesamt in Frankfurt (2014 – 2015) erhalten, die Daten zur Temperatur und zur Luftverschmutzung von der Hessischen Landesanstalt für Umwelt und Geologie. Ergebnisse: Temperatur, Luftbelastung und tägliche Mortalität wiesen im Sommer 2003 die höchsten Werte auf; vergleichbare Situationen wurden bis 2014 wieder erreicht. Die Excessmortalität während der Hitzewelle im August 2003 betrug 78% in der Gesamtbevölkerung und 113% bei den Über-80-Jährigen (sign. erhöht). Während der über 4 Tage andauernden Hitzewellen der Jahre 2006 und 2013 war die Gesamt-Mortalität um 12% resp. 19% erhöht (nicht sign.), im Jahr 2010 um 23% (sign.). Im Juli 2015 kam es zu einer weiteren Hitzewelle in Frankfurt am Main – mit bis dahin höchsten Temperaturwerten. Trotz der mit 5 Tagen vergleichsweise kurzen Dauer kam es wieder zu einem signifikanten Mortalitätsanstieg (+33%). Schlussfolgerung: Nach der extremen Hitzewelle im August 2003 wurden in den folgenden Jahren bei weiteren Hitzewellen nie wieder so hohe Mortalitätsraten in Frankfurt gesehen. Dies kann einerseits ein Effekt des Hitzewarnsystems sein und des Hitzeaktionsplans mit Information und Fortbildungen für ambulante und stationäre Pflege und intensiver Öffentlichkeitsarbeit. Es ist aber nicht auszuschließen, dass die nachfolgenden Hitzewellen sich nicht nur in der Dauer sondern auch in der begleitenden Luftverschmutzung unterschieden. Die Tatsache, dass bei der Hitzewelle im Juli 2015 wieder eine signifikant erhöhte Mortalität erkennbar war, unterstreicht, dass weitere Anstrengungen erforderlich sind, um die Exzessmortalität während Hitzewellen zu senken.