Pneumologie 2016; 70 - V300
DOI: 10.1055/s-0036-1571979

Extrakorporale Decarboxylierung zur Intubationsvermeidung bei Patienten mit Versagen der Nicht-invasiven Ventilation bei akuter hyperkapnischer respiratorischer Insuffizienz – prospektive, multizentrische Beobachtungsstudie

S Braune 1, A Sieweke 2, F Brettner 3, T Staudinger 4, M Joannidis 5, S Verbrugge 6, D Frings 2, A Nierhaus 2, S Kluge 2
  • 1Klinik für Intensivmedizin, IV. Medizinischen Klinik, St. Franziskus-Hospital Münster
  • 2Klinik für Intensivmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
  • 3Abteilung Intensivmedizin, Krankenhaus Barmherzige Brüder München
  • 4Universitätsklinik für Innere Medizin I, Medizinische Universität Wien
  • 5Internistische Intensiv- und Notfallmedizin, Universitätsklinik Innsbruck
  • 6Intensivmedizin, St. Franciscus-Hospital Rotterdam

Fragestellung: Erfolgsrate und Sicherheit des Einsatzes eines veno-venösen extrakorporalen Decarboxylierungssystems (vv-ECCO2R) zur Intubationsvermeidung bei akuter hyperkapnischer respiratorischer Insuffizienz und Versagen der nicht-invasiven Ventilation (NIV).

Methodik: Prospektive, multizentrische Beobachtungsstudie. Die vv-ECCO2R mit dem Lungenunterstützungssystem iLA-Activve© (Novalung GmbH, Heilbronn, Deutschland). Einschlusskriterium: NIV-refraktäre akute hyperkapnische respiratorische Insuffizienz (pH ≤7,35, PaCO2 > 45 mmHg) mit Intubationskriterien. Ausschlusskriterien: HIT-II, Heimdauerbeatmung, allgemeine Therapiebeschränkungen sowie fehlendes Einverständnis.

Ergebnisse: Von 2013 bis 2015 wurden in 5 Zentren insgesamt 30 erwachsene Patienten (53% männlich) mit einem medianen Alter von 68 Jahren (Spanne 29 – 83) eingeschlossen. Die häufigsten Gründe für eine Hyperkapnie waren akute Exazerbation COPD (83,3%) und Pneumonie mit ventilatorischer Erschöpfung (10%). Zu Beginn der ECCO2R war der mediane PaCO2 82,8 mmHg (53,8 – 143,0), der pH 7,25 (7,06 – 7,35), die Atemfrequenz 25/min (10 – 48) und der PaO2/FiO2-Quotient 189 mmHg (106 – 476). Eine Intubation mit invasiver Beatmung konnte bei 19 Patienten (63,3%) vermieden werden. Bei 4 Patienten erfolgte die Intubation wegen ventilatorischer Erschöpfung trotz ECCO2R und NIV, bei 5 Patienten wegen progredienter Hypoxämie und jeweils ein Patient wurde wegen Bronchoskopie-induziertem Glottisödem und Lungenblutung intubiert. Relevante, vv-ECCO2R-assoziierte Komplikationen traten bei 11 Patienten (36,6%) auf. Bei 9 Patienten (29,9%) traten relevante Blutungen auf. Bei drei Patienten (10%) kam es zu einem akuten Stillstand des extrakorporalen Systems. Die 28-Tage-, Krankenhaus- und 90-Tage-Mortalitäten waren 13,3%, 23,3% und 26,7%, respektive.

Schlussfolgerung: Der Einsatz von vv-ECCO2R zur Vermeidung invasiver Beatmung bei NIV-refraktären hyperkapnischen Lungenversagen war bei zwei Drittel der Patienten erfolgreich, allerdings traten bei jedem dritten Patienten relevante ECCO2R-assoziierte Komplikationen auf. Randomisiert-kontrollierte Studien müssen diese neue Behandlungsstrategie mit konventioneller invasiver Beatmung hinsichtlich Wirksamkeit und Nebenwirkungen vergleichen.