Thorac Cardiovasc Surg 2016; 64 - ePP8
DOI: 10.1055/s-0036-1571910

Aortenisthmusstenose - eine unbekannte Diagnose im Erwachsenenalter?

G. Wiegand 1, L. Sieverding 1, A. Hornung 1, R. Kaulitz 1, S. Fateh-Moghadam 2, M. Gawaz 2, M. Hofbeck 1
  • 1Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Tübingen, Kinderkardiologie, Tübingen, Germany
  • 2Universitätsklinikum Tübingen, Innere Medizin III, Kardiologie und Kreislauferkrankungen, Tübingen, Germany

Obwohl die überwiegende Mehrzahl von Aortenisthmusstenosen (ISTA) im Kindesalter diagnostiziert und behandelt wird, erreichen auch heute noch Patienten mit nativer ISTA das Erwachsenenalter. Ziel unserer Untersuchung war zu analysieren, mit welcher Anamnese sich Erwachsene mit hochgradiger ISTA in unserem EMAH-Zentrum präsentierten. Im Zeitraum von 2/2010 - 9/2015 wurden insgesamt 10 Patienten mit nativer ISTA in unserem Zentrum vorgestellt. Das mittlere Alter betrug bei Behandlung 35,9 Jahre (18,4–64,7 Jahre). Bei etwa der Hälfte der Patienten war bereits seit der Adoleszenz (im Mittel 16,3J) eine Hypertonie bekannt, die Diagnose der ISTA erfolgte jedoch erst im mittleren Alter von 28,4 Jahren (11–53,5). Die Zeit von der Diagnosestellung der ISTA bis hin zur Therapie betrug im Mittel weitere 8,2 Jahre. Die 3 jüngsten Patienten waren abgesehen von einer geringen arteriellen Hypertonie asymptomatisch. 3 weitere Patienten wurden wegen des Hypertonus behandelt, ohne dass eine fachärztliche Abklärung erfolgte. Ein weiterer Patient mit subtotaler ISTA wünschte keine operative Behandlung. Bei den 3 übrigen Patienten wurde die ISTA trotz 3D-Bildgebung entweder übersehen (1 Pat.) oder diagnostiziert und trotz brachiocephaler Hypertonie nicht als behandlungsbedürftig eingestuft (2 Pat.). 2 dieser letzten Patienten hatten lebensbedrohliche Komplikationen der ISTA (Aortendissektion Typ A und zerebrale Aneurysmen mit Subarachnoidalblutung), die in tertiären Behandlungszentren nicht zur Diagnosestellung führten. Die Diagnose der ISTA wurde bei beiden ohne Bezug zu den Vorerkrankungen erst 6,66 und 12,5 Jahre später gestellt. Alle 10 Patienten wurden interventionell durch Stent-Implantation (CP-Stent) im Bereich des Aortenisthmus behandelt, bei 4 Patienten erfolgte die Intervention einzeitig, bei 4 Patienten wurde der Stent im Intervall von 64–102 Tagen (Mittelwert 85) auf die endgültige Größe nachdilatiert. Patienten mit ISTA können auch heute noch das Erwachsenenalter erreichen, wenn sich die Stenose langsam entwickelt und eine ausreichende Kollateralisation vorliegt. Obwohl die ISTA zur Differentialdiagnose der arteriellen Hypertonie bei jungen Erwachsenen gehört, führte dieses Symptom bei 5/10 unserer Patienten nicht zu weiterer Diagnostik. Die Tatsache, dass sogar in 3 Fällen durch Bildgebung gesicherte hochgradige Stenosen keiner Behandlung zugeführt wurden, spricht für ein erhebliches Informationsdefizit bezüglich dieses Krankheitsbildes im Erwachsenenalter.