Diabetologie und Stoffwechsel 2015; 10(06): 304-306
DOI: 10.1055/s-0035-1566857
Preisträger
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Size, sites and cytes“: Bedeutung des Fettgewebes bei Diabetes und darüber hinaus

Autoren

  • M. Blüher

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
22. Dezember 2015 (online)

Fettgewebsmasse und Fettverteilung

Die Zunahme der Fettgewebsmasse in der Adipositasentwicklung beeinflusst den gesamten Stoffwechsel und stellt einen wichtigen Risikofaktor für Typ-2-Diabetes, arterielle Hypertonie, Fettstoffwechselstörungen, Fettleberentwicklung, kardiovaskuläre Erkrankungen sowie einige Formen von malignen Tumoren dar. In Abhängigkeit vom Körpergewicht steigt das adipositasassoziierte Diabetesrisiko von ca. 4 % bei Personen mit einem BMI von < 25 kg/m2 auf ca. 26 % bei hochgradiger Adipositas (BMI > 40 kg/m2) an [1]. Allerdings wird das individuelle adipositasassoziierte Risiko für diese Folge- oder Begleiterkrankungen nicht durch die Fettmasse („Size“ des Fettgewebes) allein bestimmt. Auf der einen Seite gibt es Personen, die trotz ausgeprägter Adipositas metabolisch gesund sind, während andererseits auch schlanke Menschen Krankheiten entwickeln können, die als typische Adipositasfolgen angesehen werden. Mit der Expansion des Fettgewebes kommt es bei der Mehrzahl der Patienten mit Adipositas zu einer Fehlverteilung (metabolisch ungünstige „Sites“ der Fettgewebsakkumulation) und Funktionsstörung des Fettgewebes.

In epidemiologischen Studien wurde viszerale Adipositas als unabhängiger Risikofaktor für Typ-2-Diabetes und Mortalität [2] [3] identifiziert. In eigenen Untersuchungen bei Patienten mit insulinsensitiver, metabolisch gesunder Adipositas konnten wir Korrelationen für alle Komponenten des metabolischen Syndroms mit der abdominal-viszeralen Fettfläche finden [4]. Bei der Gewichtsreduktion kann – weitgehend unabhängig von der Strategie – die viszerale Fettmasse überproportional stärker reduziert werden als andere Fettdepots. Deshalb können auch Gewichtsreduktionen mit geringerem Ausmaß (z. B. etwa 5 % Reduktion des Ausgangsgewichts) sehr günstige metabolische Effekte haben. Dies ist für die Therapieempfehlungen bei Adipositas insofern relevant, als eine ausgeprägte Gewichtsreduktion mit einer dauerhaften Stabilisierung des niedrigen Körpergewichts in der Praxis nur sehr schwer zu erreichen ist, während die „Umwandlung“ einer Hochrisiko-Adipositas in eine metabolisch gesunde Adipositas auch schon bei moderater Reduktion der Fettmasse möglich ist.