Z Geburtshilfe Neonatol 2015; 219 - P01_1
DOI: 10.1055/s-0035-1566559

Off-label Medikation in der Geburtshilfe – Aspekte der Patientenaufklärung am Beispiel Misoprostol

F Voigt 1, M Dahmen 1, TW Goecke 1
  • 1Universitätsklinikum der RWTH Aachen, Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin, Aachen, Germany

Ziel: Eine medikamentöse Behandlung ist tatbestandsmäßig eine Körperverletzung, es gilt die Verpflichtung zur Risikoaufklärung, insbesondere bei einem off-label use. Die Anwendung von Misoprostol zur Geburtseinleitung ist wissenschaftlich mit guter Evidenz untermauert und wird von der Mehrheit der deutschen Geburtskliniken (66%) verwendet; bis 2014 ausschließlich off-label. Über die Art und Weise sowie die Sicht der Schwangeren und Ärzte zum Aufklärungsgespräch ist nichts bekannt. Ziel war es, die herrschende Aufklärungspraxis näher zu beleuchten.

Methodik: 50 Schwangere (je 25 vor/nach Aufklärung), bei welchen am Uniklinikum Aachen die Geburt eingeleitet wurde, und 32 Ärzte wurden mittels Fragebogen zu den Themen Medikamentenaufklärung und off-label-use befragt.

Ergebnisse: Die Mehrheit der Schwangeren informiert sich beim Arzt (56%) oder im Internet (21%) über ein Medikament, nur 15% fragen den Apotheker. Als Wichtigste Information nennen 68% der Schwangeren Indikation und (Neben-)Wirkung, der Zulassungsstatus wurde nur von einer Schwangeren (Gruppe „nach der Aufklärung") genannt. Darüber hinaus sehen 25% der Schwangeren das ärztliche Aufklärungsgespräch als beruhigenden Faktor an, über Komplikationen oder Wechselwirkungen wollen weniger als 10% informiert werden. Insgesamt fanden 88% das Aufklärungsgespräch über Misoprostol sehr wichtig.

Die Mehrheit der Ärzte (75%) führten das Gespräch wegen des off-label use sowie zur eigenen rechtlichen Absicherung, 88% finden das Gespräch sehr wichtig für sich selber. Etwas weniger (75%) finden das Gespräch sehr wichtig für die Patientin.

Schlussfolgerung: Das ärztliche Gespräch über ein Medikament wird von den meisten Schwangeren und Ärzten als sehr wichtig eingestuft, jedoch aus unterschiedlichen Gründen (Schwangere: Information Wirkung/Nebenwirkung, Einnahmegrund; Arzt: rechtliche Absicherung). Der Zulassungsstatus scheint dabei für die Patientinnen im Gegensatz zu den Ärzten unerheblich zu sein.