Z Geburtshilfe Neonatol 2015; 219 - FV06_1
DOI: 10.1055/s-0035-1566484

Zervixdilatationsraten und deren Einflussfaktoren in der Eröffnungsperiode der Geburt

N Kimmich 1, J Juhasova 1, R Zimmermann 1
  • 1UniversitätsSpital Zürich, Klinik für Geburtshilfe, Zürich, Switzerland

Ziel: Bei der graphischen Darstellung des Geburtsverlaufs mittels Partogramm wird gemäss WHO-Partograph ein linearer Verlauf der Zervixdilatation von 1 cm/h in der Eröffnungsperiode (EP) zugrunde legt. Untersuchungen aus den letzten Jahren haben gezeigt, dass die Zervixdilatation jedoch einem exponentiellen Verlauf zu folgen scheint. Es wurden daher für unser Patientenkollektiv des UniversitätsSpitals Zürich die Zervixdilatationsraten der EP berechnet und verschiedene Einflussfaktoren untersucht.

Methodik: In einer retrospektiven Analyse computerbasierter Daten von 01/2007 bis 07/2014 wurden die Zervixdilatationsraten bei 8378 Einlings-Spontangeburten aus Schädellage in einem Gestationsalter von 34 + 0 bis 42 + 5 Schwangerschaftswochen mit normalem fetalen Outcome für Nulliparas und Multiparas berechnet. Als Einflussfaktoren wurden Gestationsalter, maternaler BMI, maternales Alter, fetales Gewicht, fetaler Kopfumfang, fetale Stellung, Einleitung und EDA untersucht.

Ergebnis: Die Zervixdilatationsraten nehmen in der EP exponentiell zu, liegen zwischen 0,3 und 4,5 cm/h und unterscheiden sich ab einem Muttermundsbefund (MM) von 6 cm signifikant zwischen den Paritätsgruppen. Bei Nulliparas überschreitet die Dilatationsgeschwindigkeit 1 cm/h erst bei einem MM von 7 cm, bei Multiparas ab 6 cm. Signifikant beschleunigende Faktoren sind die dorsoanteriore Lage, fortschreitende Zervixdilatation, Einleitung und Parität, verlangsamende Faktoren die EDA, zunehmendes fetales Gewicht und Kopfumfang (p < 0,001).

Schlussfolgerung: Unsere Daten stützen den exponentiellen Verlauf der Zervixdilatation, welche von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Abweichungen im Geburtsverlauf gemäss WHO-Partograph führen häufig zu Interventionen, wie z.B. Wehenunterstützung mittels Oxytocin oder operativer Geburtsbeendigung. Eine Geburtsüberwachung anhand moderner Partogramme erscheint uns daher sinnvoll, um unnötige Interventionen zu vermeiden und den maternalen und fetalen Outcome zu verbessern.