Gesundheitswesen 2015; 77 - A359
DOI: 10.1055/s-0035-1563315

Ältere Spätaussiedler und ihre Konzepte zur Gesundheit und Gesundheitserhaltung im Alter

T Michalik 1, F Koppelin 2, U Walter 1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
  • 2Jade Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth, Oldenburg

Hintergrund: Ältere Spätaussiedler machen 42,3% der über 64-Jährigen mit Migrationshintergrund aus. Diese Migrantengruppe weist ein anderes Gesundheitsverhalten als andere Migrantengruppen und Nicht-Migranten auf. Bedeutend für den Umgang mit der eigenen Gesundheit sind Gesundheitskonzepte. Sie erklären das Inanspruchnahmeverhalten und gelten außerdem als Basis für die Planung und Durchführung aller gesundheitsförderlichen Interventionen. Mit der Erforschung der Gesundheitskonzepte eröffnet sich die Möglichkeit „gesundes und gelingendes Alter“ sowie Prävention und Gesundheitsförderung im Alter auch dieser Migrantengruppe zu fördern. Im Rahmen des strukturierten Promotionsprogramms GESA (Gesundheitsbezogene Versorgung für ein selbstbestimmtes Leben im Alter: Konzepte, Bedürfnisse der Nutzer und Responsiveness des Gesundheitssystems aus Public-Health-Perspektive), das vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur gefördert wird, findet dazu eine Forschungsarbeit statt. Methodik: Nach einer umfassenden Literaturrecherche zu den Gesundheitskonzepten bei älteren Spätaussiedlern wird eine qualitative Studie mit halbstrukturierten Leitfadeninterviews (n = 24) angeschlossen. Ausgewählt werden 66 – 75 jährige, nicht pflegebedürftige und selbständig lebende Spätaussiedler/innen aus Russland der Einreisewellen 1990 – 1995 und 2000 – 2005, mit bzw. ohne soziales Engagement. Ergebnisse: Die Erkenntnisse, die erste Hinweise auf vorhandene Gesundheitskonzepte liefern können, kommen aus einzelnen Studien zur Identitäts-, Pflege- und Altersforschung. Demnach verstehen ältere Spätaussiedler Gesundheit als „zur täglichen Arbeit fähig sein“, die Familie erfährt hohe Identität („Wir-als-Familie-Identität“), die das Überleben ermöglicht. Das Thema Altern trifft auf Ablehnung und ist mit Tod assoziiert – dem physischen sowie sozialen. Der Migration wird eine Verbesserung der materiellen Lage und Lebensqualität zugeschrieben, aber auch ein Verlust an Moral, Erosion sozialer Normen und Erwerbslosigkeit, die als sozialer Tod beschrieben wird. Vorgestellt werden die Ergebnisse der Literaturrecherche und des Pretests. Diskussion: Ältere Spätaussiedler nehmen in der Bevölkerungsstruktur zu. Die Studienlage zu den Konzepten zur Gesundheit und Gesundheitserhaltung ist jedoch rar. Mit dieser Studie soll ein Beitrag zum gesunden und gelingenden Altern bei Spätaussiedlern geleistet werden.