Gesundheitswesen 2015; 77 - A331
DOI: 10.1055/s-0035-1563287

Routinedatenerhebungen zur Evaluation von Präventionsketten nutzen – Möglichkeiten und Ergebnisse

S Wahl 1, M Wahrendorf 1, N Dragano 1, S Weyers 1
  • 1Institut für Medizinische Soziologie, Universitätsklinikum Düsseldorf; Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Hintergrund: Kinder aus Familien mit niedrigem Sozialstatus und/oder Migrationshintergrund sind statistisch häufiger von Entwicklungsverzögerungen betroffen. Kommunen versuchen daher, durch die Implementierung von „Präventionsketten“ diesem Trend entgegenzuwirken. Die Evaluation dieser Präventionsketten ist komplex und steht noch am Anfang. Ziel der vorliegenden Studie ist, zu untersuchen, ob Familien mit Bedarf die Präventionsangebote nutzen und ob die Nutzung mit dem Entwicklungsstand der Schulneulinge zusammenhängt. Methodik: Hierzu wurde in einer Kommune, die 2006 eine Präventionskette einführte, eine Methode zur Evaluation erprobt. Diese Methode setzt auf der Routinedatenerhebung der Schuleingangsuntersuchung 2013/14 auf, die zum einen zur Erhebung des Gesundheits- und Entwicklungsstandes der Kinder diente. Zum anderen bot sie Gelegenheit zur Rekrutierung der Eltern der Schulneulinge für die retrospektive standardisierte Befragung. Der schriftliche Fragebogen umfasste Fragen zur Bekanntheit und Inanspruchnahme von Präventionsangeboten, deren Informationsquelle sowie zu soziodemografischen Merkmalen. Ergebnisse 297 Eltern der Schulneulinge 2014 wurden einbezogen. Damit konnten 53% der Gesamtkohorte erreicht werden. Hiervon haben 13% eine niedrige Bildung bzw. 34% einen Migrationshintergrund. Familien mit Bedarf nutzen eher aufsuchende Angebote. Insbesondere die kinderärztliche Untersuchung im Kindergarten wird von Eltern mit niedriger Bildung (63%) bzw. von Eltern mit Migrationshintergrund (48%) deutlich häufiger genutzt als von Eltern mit hoher Bildung (31%) bzw. ohne Migrationshintergrund (30%). Eine relativ höhere Teilnahmerate dieser Bedarfsgruppen zeigt sich auch für andere Angebote, jedoch bleibt diese meist unter 20%. Die Teilnahme an einzelnen Angeboten ist teilweise signifikant mit einzelnen Entwicklungsbefunden der Schuleingangsuntersuchung assoziiert. Im Trend zeigt sich auch ein Zusammenhang zwischen der kumulativen Nutzung von Angeboten und einem Befundscore, der verschiedene Entwicklungsbereiche umfasst. Diskussion: Die Pilotstudie zeigt, dass Kinder, die Angebote der Präventionskette genutzt haben, tendenziell eine bessere Entwicklung bei Schuleingang aufweisen. Es wird jedoch deutlich, dass Verbesserungspotential bzgl. der Erreichbarkeit von Familien mit Bedarf besteht. Aufgrund der Stichprobengröße ist die Studie in ihrer Aussagekraft begrenzt und größere Folgeerhebungen sind nötig.