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DOI: 10.1055/s-0035-1563246
Impfaufklärung in Zeiten des Web 2.0
Immer mehr Menschen nutzen das Internet, um sich über Fragen der Gesundheitsfürsorge, z.B. Impfungen, zu informieren (Fox & Duggan, 2013). Die Impfentscheidung hängt auch vom wahrgenommenen Risiko der Impfung, z.B. aufgrund des möglichen Auftretens schädlicher Nebenwirkungen, ab. Der Vortrag gibt eine Übersicht über eine Reihe von empirischen Studien zur Risikowahrnehmung im Kontext nutzergenerierter Internetinhalte und zu Kommunikationsstrategien für die Impfaufklärung. Der Schwerpunkt der vorgestellten Arbeiten liegt auf dem sogenannten Einzelfalleffekt – einer systematischen Verzerrung von Urteilen über statistisch vermittelte Risiken, z.B. im Beipackzettel eines Impfstoffs, durch persönliche Erfahrungsberichte. Derartige Narrative über individuelle Impferfahrungen sind ein häufiger Bestandteil impfkritischer Internetseiten (Kata, 2010, 2012). In unserem experimentellen Forschungsparadigma erhalten die Teilnehmer sowohl eine statistische Information über die Auftretenswahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen nach einer Impfung als auch eine Reihe von kurzen Einzelfallerzählungen über Impferfahrungen. Wir variieren dabei die relative Häufigkeit der Einzelfälle, die von Nebenwirkungen berichten. Im Anschluss werden das wahrgenommene Impfrisiko und die Impfintention erfasst. Der Einzelfalleffekt bezeichnet den Befund, dass eine höhere Frequenz von Nebenwirkungen in den Einzelfällen das wahrgenommene Risiko signifikant steigert und die Impfintention absenkt. Formal betrachtet sollten die Einzelfälle aufgrund der geringen Stichprobengröße im Vergleich zur Statistik jedoch keinen Einfluss auf das Urteilsverhalten haben. In den vorgestellten Studien untersuchen wir eine Vielzahl von Strukturelementen der narrativen Information, Kontextfaktoren und individuellen Eigenschaften des Rezipienten als mögliche Ursachen und Moderatoren für diesen Effekt (Betsch et al., 2011, 2013, in press; Haase et al., 2015, in press) Im zweiten Teil werden verschiedene Aspekte der Risikokommunikation betrachtet, u.a. die unterschiedliche Wirkung starker und schwacher Risikodementis und der Effekt von Furchtappellen auf die Impfbereitschaft (Betsch & Könen, 2010; Betsch & Sachse, 2013). Der Vortrag schließt mit einigen vorläufigen Empfehlungen für eine effektive Impfaufklärung.
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