Gesundheitswesen 2015; 77 - A223
DOI: 10.1055/s-0035-1563179

Ultraschall-Screening auf Bauchaortenaneurysmen: Und was ist mit den Frauen?

M Schröer-Günther 1, J Kreis 2, S Sturtz 2, D Gechter 2, RT Grundmann 3, V Gorenoi 4, A Hagen 4, S Sauerland 2
  • 1Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Köln
  • 2Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)
  • 3Gefäßchirurg, Burghausen
  • 4Medizinische Hochschule Hannover

Hintergrund: Die Prävalenz eines Bauchaortenaneurysmas (BAA) beträgt 4 – 8% bei über 65-jährigen Männern und 0,5 – 1,5% bei über 65-jährigen Frauen. Im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschuss' erfolgte eine Nutzenbewertung eines Screenings auf BAA mittels Ultraschalluntersuchung im Vergleich zu keinem Screening hinsichtlich patientenrelevanter Endpunkte. Hierbei kam dem Einfluss des Geschlechts eine besondere Rolle zu. Methodik: Es wurde eine systematische Recherche in MEDLINE, Embase und CENTRAL (Datum: 1.12.2014) durchgeführt. Es wurde nach randomisiert kontrollierten Studien (RCTs) gesucht, in welchen ein Ultraschall-Screening versus kein Screening bei Personen ohne ein diagnostiziertes BAA durchgeführt wurde. Patientenrelevante Endpunkte waren: Gesamtmortalität, Morbidität und Lebensqualität. Das Verzerrungspotenzial der Ergebnisse wurde für jede Studie und jeden Endpunkt einzeln bewertet. Einzelergebnisse wurden mithilfe von Meta-Analysen quantitativ zusammengefasst. Ergebnisse: Aus 704 Treffern wurden 4 RCTs (Chichester-, MASS-, Viborg- und Western-Australia-Studie) eingeschlossen. Insgesamt wurden 137.233 Personen im Alter von 65 bis 83 Jahre untersucht. 3 Studien schlossen ausschließlich Männer ein. Der Frauenanteil betrug 6,8% der Gesamtpopulation. Das Verzerrungspotenzial war in einer Studie hoch und in 3 Studien niedrig. Für Männer war das Ultraschall-Screening nach 13 – 15 Jahren Follow-up assoziiert mit einer statistisch signifikanten Abnahme der Gesamtmortalität, der BAA-bedingten Mortalität, der Ruptur-Häufigkeit und der Notfalloperationen. Ebenso war das Screening mit einer statistisch signifikanten Erhöhung der BAA-spezifischen elektiven Eingriffe verbunden. Die Ergebnisse zur Lebensqualität waren nicht verwendbar. Für Frauen lagen Ergebnisse für 4 Endpunkte (Beobachtungszeitraum 4 – 5 Jahre) vor. Für Frauen ergab sich für keinen Endpunkt ein statistisch signifikantes Ergebnis. Diskussion: Für Männer ergab die Untersuchung für 4 Endpunkte einen Beleg für einen Nutzen des Screenings. Frauen wurden in den eingeschlossenen RCTs unzureichend untersucht. Ergebnisse für Frauen lagen darüber hinaus nur für einen sehr kurzen Beobachtungszeitraum (4 – 5 Jahre) vor. Deshalb bleibt offen, ob für Frauen mit erhöhtem BAA-Risiko, besonders Raucherinnen im Alter von über 65 Jahren, bei längerer Nachbeobachtungszeit möglicherweise ebenfalls positive Ergebnisse erzielt würden.