Gesundheitswesen 2015; 77 - A174
DOI: 10.1055/s-0035-1563130

Gesundheit von LSBT* in Deutschland: Erste Erfahrungen und Ergebnisse des partizipativen Forschungsprojektes „Gesundheitsförderung für lesbische, bisexuelle und queere Frauen*“

G Dennert 1 und Expert_innenkreis des Projektes Queergesund
  • 1Fachhochschule Dortmund

Hintergrund: Lesbische, bisexuelle und queere Lebensweisen wurden lange Zeit in der medizinischen und psychotherapeutischen Praxis pathologisiert. Auch gegenwärtig berichten lesbische, bisexuelle und queere Frauen immer wieder von Diskriminierung und Stigmatisierung in der Gesundheitsversorgung und anderen Barrieren im Versorgungszugang. Affirmative Ansätze und „good practice“ Beispiele aus dem Bereich zielgruppenspezifischer Gesundheitsförderung sind hingegen rar in Deutschland. Internationale Forschung konnte zeigen, dass gesellschaftlicher Heterosexismus nicht nur die Lebensqualität sexueller Minderheiten beeinträchtigt, sondern auch zu erhöhten Gesundheitsrisiken beiträgt, z.B. in den Bereichen psychischer Erkrankungen, Substanzkonsum, kardiovaskuläre Erkrankungen, Suizid und Krebserkrankungen. Dieser Kontext unterstreicht einerseits die Notwendigkeit von Gesundheitsförderung für lesbische, bisexuelle und queere Frauen und bringt anderseits Schwierigkeiten mit sich, sie als Zielgruppe zu definieren. Die Sorge, erneut als „kränker“ als Heterosexuelle stigmatisiert zu werden, ist groß und erscheint vor dem Hintergrund aktueller Angriffe gegen Sexualpädagogik an Schulen und universitäre Geschlechterforschung auch berechtigt. Partizipative Forschungsansätze erscheinen aufgrund ihres 'Doppelcharakters' – Intervention und Empowerment einerseits, Datengenerierung anderseits – besonders geeignet, um in diesem Themenfeld zu arbeiten. Methodik: Mittels der Methode „Group Concept Mapping“ wird eine Bedarfsermittlung zur Gesundheit lesbischer, bisexueller und queerer Frauen durchgeführt. Webbasiert werden die Ideen von Expert_innen in einem strukturierten, mehrschrittigen Prozess erfasst und visuell repräsentiert. Die Methode kombiniert qualitative und quantitative Zugänge zur Datenerhebung und -auswertung. Die Entscheidungen im Forschungsprozess werden dabei auf unterschiedlichen Leveln der Partizipation in der Zusammenarbeit zwischen der Koordinationsstelle und einem transdisziplinär und überregional aus Praxis und Wissenschaft besetzten Expert_innenkreis getroffen und realisiert. Im Sinne der Intervention in die Diskussion um Gesundheitsförderung für sexuelle Minderheiten wird das Projekt von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit begleitet. Ergebnisse und Diskussion: Es werden erste Ergebnisse von der im Mai/Juni 2015 durchgeführten Haupterhebung vorgestellt sowie Erfahrungen aus dem partizipativen Forschungsanspruch des Projektes zur Diskussion gestellt. Das Projekt lässt neben Beiträgen zum Themenfeld Diversität in der Gesundheitsförderung auch Beiträge zu Umsetzung partizipativer Forschung erwarten.