Gesundheitswesen 2015; 77 - A162
DOI: 10.1055/s-0035-1563118

Methodenvergleich in der Epidemiologie aus Routinedaten

K Sandholzer 1, A Dremsek 2, MC Mert 3
  • 1Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, Wien
  • 2Synthesis Forschung Gesellschaft m.b.H, Wien
  • 3Technische Universität Wien Institut für Statistik und Wahrscheinlichkeitstheorie, Wien

Hintergrund: In Österreich stehen bislang außerhalb der Akutkrankenanstalten keine Routinedaten mit kodierten Diagnosen zur Beobachtung der Krankheitslast zur Verfügung. Daher können aus Routinedaten Informationen zur Krankheitsverteilung in der Bevölkerung nur auf indirektem Wege generiert werden. Mit dem DEXHELPP-Projekt „Methodenvergleich in der Epidemiologie aus Routinedaten“ (FFG gefördert, Projektnummer 843550) wird das Ziel verfolgt, mit verschiedenen Methoden aus unterschiedlichen Datenkörpern erhobene epidemiologische Kennzahlen zu vergleichen und dadurch die Reliabilität und Validität der Methoden zu prüfen. Methodik: Insgesamt stehen vier Methoden zum Vergleich. Zwei bedienen sich der routinemäßig erfassten Abrechnungsdaten der sozialen Krankenversicherungsträger. Diese sind ein statistisches Verfahren – „ATC-ICD“, das auf Basis der Arzneimittelverordnungen Diagnosezuordnungen zu Personen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vornimmt. Die zweite Methode schätzt, angelehnt an die Untersuchung von Chini et al.(1), die Prävalenz häufiger chronischer Erkrankungen, deren medikamentöse Behandlung nach Expertenmeinung die Abgrenzung gegenüber anderen Erkrankungen erlaubt. In der dritten Methode werden die Panel-Eigenschaften der Diagnosen- und Leistungsdokumentation der Akutkrankenanstalten für statistische Analysen genutzt, um epidemiologische Indikatoren berechnen zu können. Diesen, aus Routinedaten geschätzten Indikatoren werden die entsprechenden Kennzahlen der österreichischen Gesundheitsbefragung 2006/2007(2) gegenübergestellt. Ergebnisse: Erste Ergebnisse zeigen bei Anwendung verschiedener Methoden für einige Erkrankungen sehr gute Übereinstimmungen. So ergab die mit der Methode „ATC-ICD“ bei Einschränkung der Zuordnungswahrscheinlichkeit und die aus den Krankenhausdaten mithilfe eines Stichprobenmodells geschätzte Diabetesprävalenz von rund 4,7% der untersuchten Population ein sehr ähnliches Ergebnis. Gut stimmte auch die aus den Krankenhausdaten und der österreichischen Gesundheitsbefragung erhobene Schlaganfallinzidenz überein. Bei anderen Erkrankungen hingegen sind beträchtliche Abweichungen zu verzeichnen. Diskussion: Aufgrund der Limitationen, welchen die verschiedenen Datenkörper und Erhebungsmethoden unterliegen, müssen sowohl abhängig von den interessierenden Erkrankungen als auch von der epidemiologischen Fragestellung unterschiedliche Methoden angewendet werden. Jedenfalls sind diverse Behandlungsarten und -settings bei der Wahl der Methode zu berücksichtigen und in die Interpretation der Ergebnisse einzubeziehen. Inzidenzschätzungen aus Routinedaten können nur aus Längsschnittanalysen erfolgen.

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