Gesundheitswesen 2015; 77 - A91
DOI: 10.1055/s-0035-1563047

NEUROTRANS – Wie kann der Austausch zwischen Allgemeinmedizinern und Neurowissenschaftlern gefördert werden?

A Eich-Krohm 1
  • 1Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Magdeburg

Hintergrund: Das Projekt NEUROTRANS (Projektleitung: Prof. M. Herrmann und Prof. B.-P. Robra Universitätsklinikum Magdeburg; BMBF Förderprogram ELSA, Förderkennzeichen 01GP1307) hat das Ziel, den Wissensaustausch über Demenzerkrankungen zwischen Hausärzten in Sachsen-Anhalt und Neurowissenschaftlern des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) Magdeburg zu fördern, um dem demografischen Wandel besser begegnen zu können. Hausärzte sind erste Ansprechpartner für Patienten und Angehörige, wenn Veränderungen auftreten, die möglicherweise auf demenzielle Veränderungen hinweisen. Es wird erwartet, dass Hausärzte nicht nur die Diagnosestellung und Behandlung übernehmen, sondern auch die häusliche Versorgung des Patienten koordinieren. Die Neurowissenschaftler untersuchen pathophysiologische Veränderungen im Gehirn, die zu bestimmten Symptomen und Einschränkungen führen und Biomarker die auf eine erhöhte Wahrscheinlichkeit einer zukünftigen oder beginnenden demenziellen Erkrankung hinweisen können. Methode: Durch qualitative Einzelinterviews, Fokusgruppen, Befragungen und Beobachtungen (Teilnehmerzahl 50) sind beide Gruppen hinsichtlich ihrer Arbeit, Erfahrungen und Bedarfe zum Thema Demenz untersucht worden, um Möglichkeiten für einen Wissensaustausch zu entwickeln. Ergebnisse: Hausärzte und Neurowissenschaftler folgen unterschiedlichen Paradigmen. Die Hausärzte wenden eine soziologisch ganzheitliche Sichtweise an, um ihre Patienten mit Demenz bestmöglich versorgen zu können. Dabei steht die Lebenswelt der Patienten im Vordergrund. Die Neurowissenschaftler vertreten ein naturwissenschaftliches Forschungsparadigma das organbezogen ist und den Patienten mit Demenz eher auf bestimmte Körperfunktionen reduziert. Dies ist auf unterschiedliche Sozialisationen in beiden Fachbereichen zurückzuführen und die einzige Gemeinsamkeit beider Gruppen ist meistens ein Studium der Humanmedizin. Diskussion: Am Beispiel von Demenzerkrankungen wird sichtbar, dass Hausärzte und Neurowissenschaftler in ihrer Arbeit wenige Berührungspunkte haben und Patienten mit Demenzerkrankungen sehr unterschiedlich sehen und beurteilen. Dabei geht auf beiden Seiten Wissen verloren, das entweder der Forschung oder dem Hausarzt in seinem Versorgungsauftrag nützlich sein könnte. Zur Förderung des Wissensaustausches bieten sich gemeinsame Fachtagungen, Veröffentlichung von relevanten Artikeln in Publikationsorganen beider Gruppen und die Entwicklung von gemeinsamen Forschungsprojekten an, um dem prognostizierten Anstieg der Versorgungslast wirkungsvoll zu begegnen.