Gesundheitswesen 2015; 77 - A81
DOI: 10.1055/s-0035-1563037

Erfolge und Defizite bisheriger Krisenkommunikation – offene Fragen und Klärungsbedarf

N Geiler 1
  • 1regioWASSER e.V., Freiburg i./Br., Freiburg

Hintergrund: Vorgestellt werden wesentliche Ergebnisse des BMBF-gefördertenen Forschungsprojektes „Präventives Risikomanagement in der Trinkwasserversorgung“ (PRiMaT – s. www.primat.tv) im Hinblick auf die Risiko- und Krisenkommunikation. Wie kommunizieren Wasserversorger und Gesundheitsämter mit den Wasserkunden, wenn es zu einer mikrobiologischen oder chemischen Kontamination kommt. Methodik: Über drei Workshops mit MitarbeiterInnen aus Wasserversorgungsunternehmen (WVU) und Gesundheitsämtern (GÄ) sowie über zahlreiche Interviews und Internet-Recherchen wurden zahlreiche Fallbeispiele aufgearbeitet. Ergebnisse: Angesichts einer wachsenden Anspruchshaltung der Wasserkunden reicht es heutzutage nicht mehr aus, einfach „nur“ Wasser zu liefern. Meinungsstarke Teile der Wasserkunden wollen wissen, woher das Wasser kommt, wie es aufbereitet wird und welche Risiken dem Wasser drohen. Zudem wird vermehrt Wert darauf gelegt, dass der Wasserversorger bei einer mikrobiologischen oder chemischen Kontamination ein professionelles Risikomanagement zeigt und sich einer adäquaten Kundeninformation befleißigt. Kundenorientierte Kommunikationsstrategien sind sowohl bei WVU als auch bei GÄ noch entwicklungsfähig. Dazu werden zahlreiche Anregungen gegeben. Worst case-Beispiele zeigen, was in der Krisenkommunikation alles aus dem Ruder laufen kann. Neuerdings können auch „Soziale Netzwerke“ in der Krisenkommunikation politisch wirkungsmächtig werden – beispielsweise wenn sich die Empörung der Kunden über Facebook und über Internetforen artikuliert. Kommunikationskrisen lassen sich mildern, wenn im Vorfeld eine sachgerechte Risikokommunikation und ein Reputationsaufbau erfolgt ist. Denkbar wäre, die Risiko- und Krisenkommunikation längerfristig auch in das Benchmarking einzubeziehen. Diskussion: Kleine und mittlerere WVU haben nur sehr beschränkte Kapazitäten, um eine professionelle Risiko- und Krisenkommunikation vorzubereiten zu praktizieren. Auch GA haben diesbezüglich ihre Schwierigkeiten. Da sich zudem die Fälle mehren, in denen es zu Disharmonien zwischen Wasserversorgern und Gesundheitsämtern kommt, muss nach Lösungen gesucht werden, wie die Zusammenarbeit zwischen Wasserversorgern und Gesundheitsämtern intensiviert werden kann. Ein Konfliktpotenzial liegt bislang vor allem dann vor, wenn mehrere Gesundheitsämter für einen großen Flächenwasser- oder Fernwasserversorger zuständig sind. Hier fehlen auf Länderebene klare Zuständigkeitsregelungen für die „grenzüberschreitende“ Abstimmung zwischen den Gesundheitsämtern.

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