Z Gastroenterol 2015; 53 - KG179
DOI: 10.1055/s-0035-1559205

Next Generation Sequenzanalyse eines Panels von Kandidatengenen bei cholestatischen Patienten führt zur Identifizierung neuer pathogener Varianten: Verbesserte Genotyp-Phänotyp-Korrelation und Therapiestratifikation

R Liebe 1, A Christmann 2, F Grünhage 1, C Jüngst 1, F Lammert 1
  • 1Universität des Saarlandes, Klinikum für Innere Medizin II, Homburg, Deutschland
  • 2Gemeinschaftspraxis für Humangenetik, Homburg, Deutschland

Einleitung: Cholestase kann durch Xenobiotika, Genvarianten oder eine Kombination aus beiden Faktoren hervorgerufen werden. Obwohl wir verschiedene Ursachen für die Entwicklung von Cholestasesyndromen kennen, entwickeln viele Patienten eine Cholestase ohne erkennbare Auslöser. Unbekannte Mutationen in wichtigen hepatobiliären Transportern oder regulatorischen Molekülen sind ein möglicher Grund dafür.

Material und Methoden: Wir sequenzierten die gesamte kodierenden Bereiche von 24 Genen, die bei biliären Transportvorgängen und deren Regulation beteiligt sind. Die ausgewählten Patienten litten an cholestatischen Lebererkrankung unbekannter Ätiologie, gekennzeichnet durch eine mindestens zweifache Erhöhung der alkalischen Phosphatase (AP) und einen ALT/AP-Quotienten ≤2. Die Populationsfrequenzen aller detektierten Varianten wurden mit den Patientendaten verglichen, und die biochemischen Auswirkungen aller neu detektierten Varianten, besonders der seltenen, wurden näher analysiert.

Gene des NGS-Analysepanels „Cholestase“

ABCB4, ABCB11, ABCC2, ABCG5, ABCG8, ATP8B1, CIRH1A, CLDN1, JAG1, NOTCH2, NR1H4, NR1I2, UGT1A1 – 10, VIPAR, VPS33B.

Ergebnisse: Die NGS-Analyse von bisher 22 Patienten führte zum Nachweis pathogener Varianten, die bereits mit cholestatischen Leberkrankheiten assoziiert worden sind, z.B. ABCB11 p.G982R (PFIC2), ABCB11 p.D482G (PFIC2), ATP8B1 p.I661T (PFIC1/BRIC), ATP8B1 p.D70N (BRIC/ICP) und VPS33B c.177+1G>A (ARC). Neue genetische Varianten, die zu nichtfunktionalen Proteinen und damit Haploinsuffizienz führen (Verlust von Spleiß-Konsensus-Sequenz, Deletion mit Kettenabbruch) konnten in ABCB4 (MDR3), NR1I2 (PXR) and UGT1A7 detektiert werden. Eine heterozygote 13 bp Deletion im UGT1A Lokus (UGT1A1-UGT1A10) wurde beschrieben, die zur Haploinsuffizienz des kompletten Genclusters führt. Keine dieser „schwerwiegenden Mutationen“ war in den 62.000 Individuen der Exome Aggregation Consortium Datenbank zu finden, so dass es sich um individuelle Varianten handelt. Seltene, proteinverändernde Genvarianten mit bisher unklarem Einfluss auf die biochemische Funktion der betroffenen Moleküle wurden in ABCC2 (MRP2), NOTCH2 and NR1H4 (FXR) detektiert.