Ultraschall Med 2015; 36 - A244
DOI: 10.1055/s-0035-1558770

Spezielle Aspekte des Fryns-Syndroms anhand einer aktuellen Kasuistik

U Schneider 1, A Fiedler 1, C Voigt 1, J Beyer 1, R Fröber 2, S Schulz 3, I Schreyer 3, E Schleußner 1
  • 1Arbeitsbereich Pränatale Diagnostik und Fetale Physiologie, Abteilung Geburtshilfe, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Jena
  • 2Institut für Anatomie I, Universitätsklinikum Jena
  • 3Praxis und Zentrum für Humangenetik, Universitätsklinikum Jena

Einleitung: Das Fryns Syndrom, Erstbeschreibung 1979, ist eine seltene Differentialdiagnose des Pallister-Kilian-Syndroms (sporadische Mosaiktetrasomie Chr. 12 p), dessen Leitsymptom die Zwerchfellhernie (meist als Bochdalek-Hernie links) in wechselnder Kombination mit weiteren, schweren Fehlbildungen aller Organsysteme ist. Das familiäre Auftreten legt ein autosomal-rezessives Erbmuster nahe, während die exakte genetische Ursache bisher nicht bekannt ist. Insgesamt sind in der Literatur knapp > 110 Fälle beschrieben, wobei etwas mehr als 80 3 von 5 der zusätzlichen Kerncharakteristika aufwiesen: kraniofaziale Dysmorphien, LKGS, Lungenhypoplasie mit fehlender Lobulierung, zystische Nierendysplasien und andere Organfehlbildungen, z.B. Herz, Gehirn, und distale Extremitätenfehlbildungen.

Fallbericht: Es handelt sich um eine 26-j G1P0 mit Migrationshintergrund ohne deutsche Sprachkenntnisse. Bei 21+5 SSW zeigte sich der Fetus mit Anhydramnion und komplexen Fehlbildungen, deren Prognose als infaust eingestuft wurden: Eine ausgeprägte Ventrikulomegalie und Cerebellumhypoplasie hatten zuvor den Befund einer Holoprosencephalie vorgetäuscht (Abb. 1+2). Es fand sich eine funktionslose multizystische rechtsseitige Niere und Nierenagenesie links. Weiterhin konnten eine linksseitige Mikrophthalmie (Abb. 3) und thorakale Hemivertebrae mit Skoliosebildung (Abb. 4) sowie eine Omphalocrele dargestellt werden. Nach Durchführung der beantragten TOP zeigte die detaillierte paidopathologische Aufarbeitung des Falles weitere in der Pränataldiagnostik nicht erkennbaren Charakteristika des Fryns Syndroms: einen extremen linksseitigen Zwerchfellhochstand mit muskulärer Aplasie und fehlender Lungenentwicklung links, einen komplexen Herzfehler (ASDII, DORV, TGA, Agenesie der linken PA), hier war pränatal lediglich ein Ventrikelseptumdefekt vermutet worden, und die bei Anhydramnie nicht mehr einsehbare, aber im Rahmen der Vordiagnostik beschriebene Lippen-Kiefer-Gaumenspalte.

Schlussfolgerung: Die fehlende Fruchtwasserbildung aufgrund des funktionslosen Urogenitaltrakts steht im Widerspruch zu den typischen Diagnosekriterien des Fryns – Syndroms und hat die pränatale Einschätzung erschwert. Als Manko ist der fehlende weitergehende Ausschluss zytogenetisch nicht erkennbarer Differentialfdiagnosen des rein klinisch-morphologisch beschreibbaren Fryns Syndroms zu nennen; die Anforderungen des GenDG in Zusammenhang mit der Sprachbarriere haben eine nachträgliche Abklärung erschwert. Die Empfehlung, bei komplexen Fehlbildungen eine komplette zytogenetische Abklärung anzustreben, kann nach dem hier geschilderten Fall nur bekräftigt werden.

Abb. 1

Abb. 2

Abb. 3

Abb. 4