Ultraschall Med 2015; 36 - A243
DOI: 10.1055/s-0035-1558769

Schwierigkeit der präanatalen Differentialdiagnostik zwischen VACTERL und kaudalem Regressionssyndrom bei Ösophagusatresie Typ IIIb

U Schneider 1, C Schweiger 1, J Beyer 1, C Voigt 1, S Wolke 2, N Liebers 3, A Fiedler 1, R Faber 4
  • 1Arbeitsbereich Pränatale Diagnostik und Fetale Physiologie, Abteilung Geburtshilfe, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Jena
  • 2Klinik für Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Jena
  • 3Sektion Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Jena
  • 4Zentrum für Pränatale Medizin, Leipzig

Einleitung: Die caudale Regressionssequenz (cRS) ist ein seltener Fehlbildungskomplex, der die unteren Wirbelsäulenanteile und das Becken betrifft und konsekutiv in unterschiedlichem Maße die Anatomie und Funktion von Urogenital- und Gastrointestinaltrakt (GIT) einbezieht. Sie ist häufig mit mütterlichem Diabestes assoziiert. VACTER(L) steht für Vertebro-Ano-Cardio-Tracheo-Esophageo-Renal in Kombination mit Extremitätendefekten (Limb). Die Assoziation wird diagnostiziert, wenn 3 der genannten Fehlbildungen kombiniert vorliegen; sie wird etwa 10 fach häufiger (1:5000) Geburten beschrieben, als die cRS. Der Erkennung der Passagestörung im oberen GIT kommt in der Differentialdiagnostik entscheidende Bedeutung zu.

Fallbericht: Wir berichten von einer 31-jährigen G1P0, bei deren Fetus bei 13 SSW Abflussstörungen des Harntraktes erkannt wurden. Im frühen II. Trimester (16./18. SSW) zeigte sich eine komplexe urogenitale Fehlbildung mit Megazystis (Abb. 1), Hufeisennieren, moderater beidseitiger Hydronephrose und Urethraobstruktion bei Fruchtwasserreduktion und unauffälliger Genetik. Zusätzlich wurde der Verdacht auf Analatresie (Abb. 2), einen VSD und Fehlbildungen der caudalen Vertebrae (Abb. 3) geäußert, was zur Verdachtsdiagnose einer cRS führte. Eine MRT Untersuchung wurde seitens der Patientin abgelehnt.

Bei 27 SSW fand sich neben den genannten Befunden ein Polyhydramnion bei unauffällig darstellbarem Magen, das etwa eine Woche später zu unaufhaltsamen Frühgeburtsbestrebungen mit pathologischen CTG Veränderungen führte und eine Notfallentbindung nach sich zog (Geburt 00:43 Uhr, Junge, APGAR 0 – 2 – 6, pH 7,21, 1015 g). Im Rahmen der Reanimationsmaßnahmen kam es zur Magenüberblähung mit Ruptur der Vorderwand (Abb. 3). In einer mehr als 6h-OP bei der die Magenverletzung übernäht, eine Katheterjejunostomie und ein Transversostoma angelegt wurden, konnte die ösophago-tracheale Fistel verschlossen, die Kontinuität des Osöphagus allerdings nicht primär hergestellt werden.

Das Kind dekompensierte zusehends zirkulatorisch und renal. Es entwickelt eine ICH III. Grades mit beginnendem Liquoraufstau und verstarb 48h postoperativ.

Schlussfolgerungen: Der Fall demonstriert, wie wichtig es ist, im Schwangerschaftsverlauf geäußerte Verdachtsdiagnosen anhand neuer Aspekte auch neu zu überdenken und dass gerade bei Kindern mit schwieriger Prognose, die gute perinatalmedizinische Koordination, die Vermeidung von Notfallentbindung und Frühgeburt entscheidende Aspekte für das Outcome darstellen.

Abb. 1

Abb. 2

Abb. 3